Mit Urteil vom 8.6.2016 (7 AZR 339/14, EzA-SD 2016, Nr. 21, 4) hat das BAG seine Rechtsprechung zum Sachgrund der Befristung fortgesetzt und nuanciert.

Im entschiedenen Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG. In einem gerichtlichen Rechtsstreit über ein Stellenbesetzungsverfahren, bei welchem die Klägerin nicht zum Zuge gekommen war, schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich über ein befristetes Arbeitsverhältnis zur Beilegung des Stellenbesetzungsrechtsstreits. Nachdem die Parteien über die Bedingungen der befristeten Beschäftigung Einigkeit erzielt hatten, bat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beklagtenvertreter, dem LAG den Vergleichsvorschlag mitzuteilen, er werde ihn sodann annehmen. Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes dem LAG mit Schriftsatz vom 2.12.2011 Folgendes mit:

Zitat

In dem Rechtsstreit (...) haben die Parteien sich geeinigt und bitten gem. § 278 Abs. 6 ZPO zu beschließen, dass nachstehender Vergleich zustande gekommen ist:

  1. Die Parteien sind sich einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsabrede in dem Änderungsvertrag vom 21.5.2010 zum Arbeitsvertrag vom 15.5.2009 zum 24.5.2011 geendet hat.
  2. (...)
  3. Das beklagte Land Brandenburg beschäftigt die Klägerin ab dem 1.1.2012 bis zum 31.12.2012 als Bearbeiterin Aufsicht für unterstützende Wohnformen in der Außenstelle P unter Aufrechterhaltung des Direktionsrechts in der Entgeltgruppe 6. Eine Probezeit besteht nicht.
  4. Das Arbeitsverhältnis endet zum 31.12.2012, ohne dass es einer Kündigung bedarf (§ 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG). (...)

Das LAG unterbreitete daraufhin den Parteien am 5.12.2011 einen Vergleichsvorschlag, der mit dem Vergleichsvorschlag des Beklagtenvertreters übereinstimmte und forderte zur Stellungnahme binnen zwei Wochen auf. Ergänzend führte es aus, es gehe von der Annahme des Vergleichs seitens des beklagten Landes aus, da der Vergleichsvorschlag dessen Anregung entspreche. Die Klägerin nahm den Vergleichsvorschlag fristgerecht an, das LAG stellte das Zustandekommen des Vergleichs durch Beschluss fest. Mit der fristgemäß erhobenen Befristungskontrollklage rügt die Klägerin nun die Wirksamkeit der Befristung.

Die Klage hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg. Der gerichtliche Vergleich genügt den Anforderungen der Rechtsprechung des Siebten Senats. Erstens hat das Gericht durch den Vergleichsvorschlag seine Mitwirkungspflicht am Vergleichsabschluss erfüllt. Ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Alt. 2 ZPO genügt diesen Anforderungen. Das gilt auch dann, wenn sich das Gericht einen Vergleichsvorschlag der Parteien zu eigen macht. Ob eine Vorabzustimmung – wie vorliegend – genügt, lässt das BAG ausdrücklich offen. Ungenügend ist im Regelfall eine bloße Protokollierung nach § 278 Abs. 6 Alt. 1 ZPO, es fehlt an der Mitwirkung des Gerichts. Ausnahmeweise genügt diese jedoch wie vorliegend, weil das Gericht am Zustandekommen des Vergleichs mitgewirkt hat, indem es den inhaltsgleichen Vorschlag unterbreitete und die Klägerin gegenüber dem Gericht annahm. Zweitens wurde die Befristung zur Beilegung eines Bestandsrechtstreits im weiteren Sinne geschlossen, wozu alle Streitigkeiten zählen, mit welchen ein Arbeitnehmer die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses erstrebt. Dazu zählt auch ein Streit über einen Folgevertrag, wenn beide Parteien gegensätzliche Rechtspositionen eingenommen haben.

 

Hinweise:

Drei Fallgestaltungen werden durch das BAG im Rahmen des § 278 Abs. 6 ZPO behandelt:

  1. Der gerichtliche Vergleichsvorschlag nach § 278 Abs. 6 Alt. 2 ZPO, in zwei Unterfallgruppen:

    a) auf Initiative des Gerichts, was stets – vorbehaltlich der erforderlichen Rechtsmissbrauchsprüfung – den Anforderungen des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG genügt, oder

    b) auf Initiative der Parteien. Macht sich das Gericht den Vorschlag der Parteien zu eigen, stellt dies im Regelfall ebenfalls einen wirksamen Sachgrund dar.

  2. Die gerichtliche Protokollierung nach § 278 Abs. 6 Alt. 1 ZPO:

    a) Die bereits erfolgte außergerichtliche und nur protokollierte Einigung genügt im Regelfall nicht, weil das Unionsrecht einen objektiven, vom Parteiwillen unabhängigen Sachgrund erfordert.

    b) Höchst ausnahmsweise genügt die Protokollierung doch, wie vorliegend. Der Vergleichsschluss nach § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO setzt voraus, dass die Parteien dem Gericht einen übereinstimmenden Vergleichsvorschlag unterbreiten. Der Vorschlag muss die Prozesserklärung enthalten, die Parteien beabsichtigten einen Vergleichsschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO. Ein Vergleichsvorschlag beider Parteien i.S.v. § 278 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 ZPO liegt auch dann vor, wenn eine Partei dem Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreitet und die andere Partei gegenüber dem Gericht erklärt, sie sei mit diesem Vergleichsvorschlag einverstanden. Durch die Annahme der Klägerin gegenüber dem Gericht auf dessen inhaltsgleichen Vorschlag hat das Gericht durch seinen Vergleichsvorschlag am Inhalt des Vergleichs nach § 278...

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