Ein Mieterhöhungsverlangen darf gegenüber dem Mieter frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung oder der erstmaligen Verpflichtung zur Mietzahlung aufgrund eines Mietvertragsschlusses geltend gemacht werden. Die Jahresfrist soll eine gewisse Kontinuität der Mietpreise sicherstellen, sodass sich der Mieter zumindest für eine gewisse Zeitdauer sicher sein kann, dass die vereinbarte Miethöhe unverändert bleibt. Insoweit ist die Jahressperrfrist auch Ausdruck des allgemeinen Zivilrechtsgrundsatzes des sog. pacta sunt servanda (zu Recht Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 18). Die Jahressperrfrist dient damit sowohl dem Mieterschutz als auch dem allgemeinen öffentlichen Interesse, eine zu schnell ansteigende Mietpreisentwicklung zu verhindern (BGH, Beschl. v. 16.6.1993 – VIII ARZ 2/93, NJW 1993, 2109). In zeitlicher Hinsicht ist der Zugang des betreffenden Mieterhöhungsverlangens beim Mieter entscheidend: Geht dieses vor Ablauf der Jahresfrist dem Mieter zu, führt dies zur formellen Unwirksamkeit des gesamten Mieterhöhungsverlangens (BGH, Urt. v. 28.4.2004 – VIII ZR 178/03, NJW-RR 2004, 945).

1. Fristbeginn

Die Miete muss seit einem Jahr unverändert geblieben sein, wobei für den Beginn der Wartefrist des § 558 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem die bisherige Miete zum ersten Mal rechtlich zu bezahlen war, auf eine etwaig spätere, tatsächliche Zahlung kommt es nicht an (BayObLG, Rechtsentscheid in Mietsachen v. 30.6.1989 – RE-Miet 4/88, NJW-RR 1989, 1172).

a) Neuvermietungsfälle

Bei dem praktisch wichtigsten Fall einer Neuvermietung ist der maßgebliche Zeitpunkt für den Fristbeginn also der Mietvertragsbeginn und nicht der möglicherweise frühere Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses (BeckOGK/Fleindl, § 558 BGB Rn 96; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 20; a.A. Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2021, § 558 BGB Rn 7). Für diese h.M. sprechen die besseren Argumente, v.a. Wortlaut und Normzweck von § 558 Abs. 1 BGB: Der Wortlaut nimmt Bezug auf die Mietzinszahlungspflicht aus § 535 Abs. 2 BGB, die im direkten Synallagma zur Gebrauchsüberlassung aus § 535 Abs. 1 S. 1 BGB steht und gerade vom Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses unabhängig ist. Bei Zugrundelegung des Mietvertragsschabschlusses als maßgeblichen Fristbeginn bestünden Umgehungsmöglichkeiten für die Mietvertragsparteien, indem der Mietvertragsabschluss zeitlich erheblich vor der tatsächlichen Gebrauchsüberlassung vorgenommen würde (zu Recht Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 20 mit einem anschaulichen Beispiel).

b) Einvernehmliche Mieterhöhungen

Bei einvernehmlichen Mieterhöhungen nach § 557 Abs. 1 BGB gelten die gleichen Grundsätze, sodass der Fristbeginn bei einer rückwirkenden Mieterhöhung mit dem rückdatierten Fälligkeitszeitpunkt anzunehmen ist (BGH, Urt. v. 28.4.2004 – VIII ZR 178/03, NZM 2004, 545). Bei Modernisierungsmieterhöhungen oder einer Erhöhung der Betriebskosten nach §§ 559, 560 Abs. 1, Abs. 4 BGB gilt die Jahresfrist nach der ausdrücklichen Regelung des § 558 Abs. 1 S. 3 BGB nicht. Hierunter fallen auch einvernehmliche Mieterhöhungen nach erfolgten Modernisierungsarbeiten (BGH, Urt. v. 9.4.2008 – VIII ZR 287/06, BeckRS 2008, 8462; a.A. Müko-BGB/Artz, 8. Aufl. 2020, § 558 BGB Rn 59). Das soll nach h.M. selbst dann gelten, wenn die einvernehmliche Mieterhöhung nach erfolgten Modernisierungen betragsmäßig genau der nach § 559 BGB möglichen Erhöhung entspricht (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 558 BGB Rn 33 m.w.N. aus der Rspr.).

c) Staffel- oder Indexmieten und vorhergehende Mieterhöhung nach § 558 BGB

Bei einer auslaufenden Staffel- oder Indexmiete beginnt die Sperrfrist mit der Fälligkeit der letzten Mietstaffel oder vorausgehenden Indexmieterhöhung (Müko-BGB/Artz, 8. Aufl. 2020, § 558 BGB Rn 64). Beruhte die letzte Mieterhöhung auf einem früheren Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB, so beginnt die Jahressperrfrist mit Ablauf des Tages, an welchem diese nach § 558b Abs. 1 BGB wirksam geworden ist, mit anderen Worten dann, wenn der Mieter erstmals die erhöhte Miete schuldete (BayObLG, Rechtsentscheid in Mietsachen v. 30.6.1989 – RE-Miet 4/88, NJW-RR 1989, 1172; Müko-BGB/Artz, 8. Aufl. 2020, § 558 BGB Rn 61). Der Mieter schuldet in diesem Fall die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Kalendermonats nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens, mithin jeweils zum Monatsersten, sodass der Fälligkeitszeitpunkt des § 556b Abs. 1 BGB gleichermaßen wie eine privatautonom vereinbarte, abweichende Fälligkeitsvereinbarung ohne Relevanz ist (BeckOGK/Fleindl, § 558 BGB Rn 97).

2. Fristende

Die Jahressperrfrist muss bei Zugang des Mieterhöhungsverlangens abgelaufen sein, wobei sie vom Zugang rückwärts zu berechnen ist. Die Fristberechnung richtet sich nach den §§ 188, 187, 193 BGB.

 

Hinweis:

Ein zu früh zugegangenes Mieterhöhungsverlangen kann nicht nach § 558b Abs. 3 BGB während des Zustimmungsprozesses nachgeholt werden, da diese Vorschrift explizit nur für formelle Mängel nach § 558a BGB Anwendung findet (Grüneberg/Weidenkaff, 81. Aufl. 2022, § 558 BGB Rn 12). Unabhängig davon ist es dem Vermieter im Zustimmungsprozess unbenommen, i.R.d. Klageschrift oder nachfolgen...

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