Das Grundgesetz verwehrt dem Gesetzgeber nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht, die Inanspruchnahme sozialer Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz an den Nachranggrundsatz zu binden, solche Leistungen also nur dann zu gewähren, wenn Menschen ihre Existenz nicht selbst sichern können. Der Nachranggrundsatz umfasst zunächst die Pflicht zum vorrangigen Einsatz aktuell verfügbarer Mittel aus Einkommen, Vermögen oder Zuwendungen Dritter (s. etwa § 9 Abs. 1 SGB II). Mit dem Grundgesetz ist jedoch auch eine gesetzgeberische Entscheidung vereinbar, von denjenigen, die staatliche Leistungen der sozialen Sicherung in Anspruch nehmen, zu verlangen, an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken oder die Bedürftigkeit gar nicht erst eintreten zu lassen.

Mitwirkungspflichten beschränken allerdings – ungeachtet eventuell damit verbundener Sanktionen – die Handlungsfreiheit der Betroffenen und bedürfen verfassungsrechtlicher Rechtfertigung. Verfolgt der Gesetzgeber mit Mitwirkungspflichten das legitime Ziel, dass Menschen die eigene Hilfebedürftigkeit insb. durch Erwerbsarbeit vermeiden oder überwinden, müssen sie den an diesem Ziel ausgerichteten Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen, also dafür geeignet, erforderlich und zumutbar sein.

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