Die Ortsferne des Kanzleisitzes des Verteidigers steht der Bestellung des gewünschten Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger nicht entgegen, wenn nicht ersichtlich ist, dass hierdurch eine sachdienliche Verteidigung des Angeklagten und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gefährdet würden (OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2014 – 1 Ws 162/14, StRR 2015, 181; OLG Jena, Beschl. v. 10.10.2014 – 1 Ws 453/14). Daher tritt im Bestellungsverfahren der Gesichtspunkt der Ortsnähe im Rahmen der gebotenen Interessensabwägung grundsätzlich gegenüber dem besonderen Vertrauensverhältnis des Beschuldigten zu seinem Verteidiger zurück (OLG Brandenburg, a.a.O.). Auch haben fiskalische Interessen an der Entstehung möglichst niedriger Verteidigerkosten (insbesondere Fahrtkostenersatz) angesichts der hohen Bedeutung des Rechts eines Beschuldigten, sich im Strafverfahren von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, zurückzutreten (OLG Brandenburg, a.a.O.). Allerdings ist die Ablehnung der Beiordnung eines ortsfernen, dem Angeklagten nur aufgrund einer Internetrecherche und der dortigen – zudem kanzleibezogenen – Werbeaussage einer Spezialisierung auf Sexualdelikte bekannt gewordenen Verteidigers nicht zu beanstanden (OLG Jena, a.a.O.).

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