Die heutigen Regelungen über Bestandsmietenerhöhungen in §§ 557– 561 BGB sind das vorläufige Endergebnis einer langen Reihe von gesetzlichen Regelungen zum Mietpreisrecht (Börstinghaus WuM 2018, 610; Herrlein NZM 2016, 1; NJW 2017, 711). Die Geschichte des Miethöherechts in den letzten gut einhundert Jahren ähnelt in weiten Phasen der Quadratur des Kreises. Teilweise wird vom "Hüh und Hott im Mieterschutz" gesprochen (Herrlein NJW 2017, 711, 715). Entstanden ist ein "Flickenteppich" (Beuermann, Miete, § 1 Rn 9) von Regelungen, bei dem die große Linie schon lange verloren gegangen ist.

1. Kappungsgrenze

Fast 12 Jahre kannte das Miethöherecht für den preisfreien Wohnungsbau keine Kappungsgrenze. Erst ab dem 1.  Januar 1983 hat der Gesetzgeber diese weitere Grenze für die Mieterhöhung eingeführt. Dies geschah in unmittelbarem Zusammenhang mit der damals zugleich erfolgten Neufassung des Begriffs der ortsüblichen Vergleichsmiete. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die ortsübliche Vergleichsmiete aus allen Mieten in der Gemeinde gebildet. Von diesem Zeitpunkt an bildeten nur noch die in den letzten drei Jahren neu vereinbarten oder geänderten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete. Damit fiel die Mehrzahl der niedrigeren älteren Bestandsmieten aus dem Vergleichsmietenbegriff heraus, was grds. einen Anstieg der Vergleichsmiete zur Folge haben sollte. Die Kappungsgrenze betrug damals 30 %. Durch das 4. Mietrechtsänderungsgesetz ist die Kappungsgrenze 1993 zeitlich befristet für fünf Jahre gesplittet worden. Sie betrug für einen Teil des Wohnungsbestands nur noch 20 %, im Übrigen aber weiter 30 %. Vom 1.9.2001 bis zum 31.3.2013 betrug die Kappungsgrenze dann einheitlich für alle Wohnungen 20 %. Seit dem 1.5.2013 gilt dieser Prozentsatz als Obergrenze. Den Bundesländern wurde aber von diesem Zeitpunkt an gestattet, durch Rechtsverordnung für Gemeinden oder Teile von Gemeinden, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, die Kappungsgrenze für fünf Jahre auf 15 % herabzusetzen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, müssen die Zivilgerichte überprüfen (BGH GE 2016, 113 = DWW 2016, 15 = NZM 2016, 82 = NJW 2016, 476 = MDR 2016, 205 = WuM 2016, 144 mit Anm. Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 2/2016, Anm. 3; ders. LMK 2016, 376055; Blank WuM 2016, 161). Bisher hat aber wohl kein Zivilgericht eine Landesverordnung zur Senkung der Kappungsgrenze für unwirksam erklärt.

2. Beschränkung der Wiedervermietungsmiete

Während bis zum Jahr 2015 alle Regelungen zur Miethöhe nur Bestandsmietverhältnisse betrafen, hat der Gesetzgeber durch das "Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung – Mietrechtsnovellierungsgesetz" vom 21.4.2015 die Vorschriften der §§ 556d-556g ins BGB eingeführt. Hierdurch wurden erstmals Regelungen in das BGB eingefügt, die die Höhe der zulässigen Miete bei Neuabschluss eines Wohnraummietvertrags beschränken. In der Vergangenheit wurden diese Mieten nur unter den Voraussetzungen des § 5 WiStG i.V.m. § 134 BGB begrenzt. Aufgrund der Rechtsprechung des BGH zu § 5 WiStG hatte diese Vorschrift völlig an Bedeutung verloren. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung auf Mietsteigerungen bei Neuvermietung in bestimmten Regionen reagieren. Er hat mit dem Gesetz ausdrücklich sozialpolitische Zwecke verfolgt. Die Begrenzung sollte dazu beitragen "der direkten und indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken" (BT-Drucks 18/3121, S. 15). Die Begrenzung gilt nicht bei Neubauten und bei der ersten Vermietung nach umfassender Modernisierung, § 556f BGB. Von der Grundregel des § 556d Abs. 1 BGB, wonach die Miete bei der Neuvermietung maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf, gibt es gem. § 556e BGB zwei Ausnahmen, nämlich bei höherer Vormiete (§ 556e Abs. 1 BGB) und bei in den letzten drei Jahren durchgeführten Modernisierungsarbeiten (§ 556e Abs. 2 BGB).

Voraussetzung für die Geltung der Beschränkung ist ein angespannter Wohnungsmarkt. Ein solcher liegt vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn

  • die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
  • die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
  • die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder
  • geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Die Zivilgerichte müssen das Vorliegen dieser materiellen Voraussetzungen selbstständig überprüfen (BVerfG DWW 2019, 247 = BVerfGE 2019, 1097 = WuM 2019, 510 = NZM 2019, 676). Bisher hat noch kein Zivilgericht hier eine Prüfung oder sogar Verwerfung der Verordnung vorgenommen.

Soweit Verordnungen von Zivilgerichten für unwirksam erklärt wurden, beruhte dies immer auf ein...

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