Der BGH hat die Entscheidung des KG aufgehoben und die Ausgangsentscheidung des LG Berlin wiederhergestellt. Die wesentlichen Gesichtspunkte der Entscheidung werden im amtlichen Leitsatz des Urteils angesprochen (vgl. zum Ganzen insb. Herzog/Pruns, Der digitale Nachlass in der Vorsorge- und Erbrechtspraxis, 2018): Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über (s. unter 1.). Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers (s. dazu 2. a) noch das Fernmeldegeheimnis (s. 2. b) oder das Datenschutzrecht (s. 2. c) entgegen.

Rechtsnachfolge

Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 1922 Abs. 1 BGB, wonach das Vermögen einer Person mit ihrem Tod „als Ganzes“ auf die Erben übergeht. Der BGH referiert noch einmal, dass zu dem Vermögen des Erblassers auch alle seine schuldrechtlichen Beziehungen und alle durch diese begründeten Rechte und Pflichten gehören. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Nutzungsvertrags mit einem sozialen Netzwerk (vgl. dazu etwa Redeker, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, Stand Februar 2018, Teil 12 Rn 424) gehört, so der BGH, deshalb grundsätzlich auch dieser Nutzungsvertrag zum Nachlass und die Erben treten in alle Rechte und Pflichten des Nutzungsvertrags ein.

Vereinbarung über den Ausschluss der Rechtsnachfolge durch AGB?

Allerdings können die Parteien eines Vertrags auch vereinbaren, dass dieser mit dem Erbfall beendet werden soll oder dass die vertraglichen Pflichten sich mit dem Tod eines Vertragspartners ändern. Eine individualvertragliche Vereinbarung über den Ausschluss der Vererblichkeit kommt bei dem Vertragsschluss über die Nutzung eines sozialen Netzwerks allerdings regelmäßig nicht in Betracht. In den Nutzungsbedingungen (AGB) der Anbieter internetbasierter Dienste finden sich aber häufig Regelungen, die den Nutzern ganz allgemein die Weitergabe von Zugangsdaten an Dritte verbieten oder sogar spezielle Reglungen für den Tod des Nutzers treffen (vgl. dazu im Einzelnen Herzog/Pruns, a.a.O., § 5 Rn 1 ff.). In dem vom BGH entschiedenen Fall fand sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in den Nutzungsbedingungen von Facebook eine Regelung zum Verbot der Weitergabe von Zugangsdaten an Dritte. Im Fragenbereich der Internetseite von Facebook fanden sich zudem die Bestimmungen über die Einrichtungen des Gedenkzustands. Die erstgenannte Regelung, so der BGH, gilt nicht für den Erbfall. Sie stellt vielmehr Bestimmungen zur Sicherung des Benutzerkontos zu Lebzeiten des Nutzers dar. Die Regelung über den Gedenkzustand, so der BGH weiter, enthält zwar Bestimmungen für den Erbfall. Sie wurde allerdings nicht den Vorgaben des § 305 Abs. 2 BGB gemäß wirksam in den Nutzungsvertrag einbezogen, da sie nicht Teil der Nutzungsbedingungen war, sondern allein des Fragenbereichs (vgl. schon Pruns, AnwZert ErbR 16/2016 Anm. 2; Willems ZfPW 2016, 494, 509). In den Nutzungsbedingungen fand sich zudem kein Verweis auf die Regelung zum Gedenkzustand. Auch wenn der BGH sich deshalb nicht weiter mit dem Inhalt der Regelung zum Gedenkzustand hätte beschäftigen müssen, geht er trotzdem näher auf diesen ein und führt aus, dass die Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält. Die Regelugen zum Gedenkzustand schließen die Vererbbarkeit zwar nicht vollständig aus, so der BGH. Allerdings wird die Erreichung des Vertragszwecks letztlich unmöglich, denn der Zugang der Erben zum Benutzerkonto wird faktisch ausgeschlossen. Ferner wird, so der BGH weiter, durch die Regelungen zum Gedenkzustand von den Grundgedanken des § 1922 Abs. 1 BGB wesentlich abgewichen (dazu Pruns AnwZert ErbR 16/2016 Anm. 2).

Ausschluss der Vererbbarkeit aufgrund Vertragsauslegung?

Der Ausschluss der Vererbbarkeit kann sich allerdings nicht nur aus einer ausdrücklichen Vereinbarung ergeben, sondern auch aus der Auslegung des Vertrags selbst. So zeigen etwa die §§ 38, 399 BGB, dass ein Recht dann nicht vererbbar sein soll, wenn sein Inhalt sich durch den Wechsel in der Person des Gläubigers wesentlich ändern würde. Einen solchen höchstpersönlichen Charakter haben die vereinbarten Leistungen bei der Nutzung von Facebook allerdings nicht, wie der BGH ausführt. Die Leistungen von Facebook sind bei jedem Nutzer letztlich identisch. Persönlichkeitsrelevant sind allein die Inhalte, die jede Nutzerin und jeder Nutzer individuell auf der Basis der Leistungen von Facebook gestaltet und teilt, nicht aber die von Facebook angebotenen Leistungen. Denn, so der BGH wörtlich, Facebook ist verpflichtet, „die Kommunikationsplattform zur Verfügung zu stellen und entsprechend dem Auftrag des Nutzers Inhalte zu veröffentlichen oder Nachrichten an ein anderes Benutzerkonto zu übermitteln sowie die übermittelten Nachrichten beziehungsweise die mit diesem Konto geteilten Inhalte zugänglich zu machen. Insoweit handelt es sich um rein technische Leistu...

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