Hinsichtlich des Inhalts von Zeugen-/Sachverständigen-/Parteiaussagen oder auch des Inhalts eines Hinweises greift die absolute Beweiskraft des Protokolls nicht ein, so dass eine Beweisaufnahme hierüber möglich ist (z.B. Einholungen von dienstlichen Äußerungen, OLG München, Beschl. v. 9.10.1980 – 25 W 1709/80, OLGZ 1980, 465, 468). Ein insofern im Widerspruch zum Inhalt des Protokolls stehender nachgereichter Schriftsatz oder ein abgelehnter Berichtigungsantrag, kann Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen gebieten (vgl. Doukoff, a.a.O., Rn 125 m.w.N.; vgl. Eichele/Hintz/Oberheim, a.a.O., Kap. D, Rn 178). Insofern handelt es sich um einen Gegenbeweis gegen die "innere Beweiskraft" des Protokolls (als öffentliche Urkunde gem. § 415 ZPO, vgl. BGH, Urt. v. 3.6.2014 – VI ZR 394/13, NJW 2014, 2797 f.), für die wiederum § 286 ZPO eingreift. Der Gegenteilsbeweis ist nicht nötig, denn "Zweifel" sind ausreichend. Das wird freilich substantiierten Vortrag erfordern.

 

Praxishinweis:

Das bedeutet: Nachgereichte Schriftsätze, auch abgelehnte Protokollberichtigungsanträge, Bestätigungen von Zeugen/Sachverständige, sie seien in der Verhandlung falsch verstanden worden, etc. beeinträchtigen die "innere Beweiskraft" des Protokolls und eröffnen Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen.

Die Tatsache, dass die meisten Zeugen/Sachverständigen/Parteien den Inhalt des Protokolls genehmigen und auf das Abspielen, Vorlesen oder Vorlegen des protokollierten Inhalts verzichten (§ 162 Abs. 2 ZPO), schließt Einwendungen nicht aus. Über diese hat später das Gericht, ggf. auch schon das Erstgericht, frei zu befinden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.7.1985 – 9 CB 104/84, NJW 1986, 3154, 3157). Fehlt dem Protokoll unter Verstoß gegen § 162 Abs. 1 ZPO bereits der Genehmigungsvermerk, so fehlt dem Protokoll bereits insoweit die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde, wobei der Inhalt von entsprechenden Erklärungen – trotz Nichtgenehmigung des Protokolls – auf andere Weise bewiesen werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.1984 – IV b ZB 53/83, NJW 1984, 1456 f.).

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