aa) Sachverhalt (OLG Brandenburg BeckRS 2023, 1627)

Die Eheleute errichteten im Jahre 1993 ein Testament, in dem sie verfügten:

Zitat

„An unsere Kinder, N ... + A ... T ... ! Ihr Lieben, sollte uns etwas zustoßen möchten Eure Eltern verfügen, dass Alles, was wir besitzen, Ihr Euch gütlich teilt. Haltet zusammen, helft euch und lasst nie Neid zwischen Euch aufkommen.”

Daraufhin errichteten sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann im Jahre 2002 im Abstand von nur wenigen Tagen jeweils ein handschriftliches Testament und verfügten:

Zitat

„Ich, U ... T ... geb. D ... geb. Datum ... 1941, verfüge als alleinigen Erben meinen Ehemann H ... T ..., geb. Datum ... 1941.”

„Ich, H ... T ..., geb. Datum ... 1941 verfüge als alleinigen Erben meine Ehefrau U ... T ..., geb. Datum ... 1941.”

Im Jahre 2014 ergänzten die Eheleute ihr Testament wie folgt:

Zitat

„Nachtrag zum Testament! Hiermit verfügen wir: H ... + U ... T ... das unser Besitz erst nach unser „beiden” Ableben an die Erben, A ... + N ... geteilt wird. Vor dieser Zeit wird kein Pflichtteil ausgezahlt. Ausnahme nur im Notfall und dann über einen Notar.”

Die Erblasserin verstarb im Jahre 2022. Der überlebende Ehegatte beantragte vor dem zuständigen Nachlassgericht als Vollerbe einen Alleinerbschein. Die gemeinsame Tochter der Eheleute widersprach der Antragstellung mit der Begründung, dass der Antragsteller lediglich Vorerbe und zusammen mit ihr Nacherbe sei. Mit dem Nachtrag aus 2014 sei Vor- und Nacherbschaft angeordnet worden. Das zuständige Nachlassgericht gab dem Antrag des überlebenden Ehegatten statt und erteilte einen Alleinerbschein. Hiergegen wurde Beschwerde eingelegt.

bb) Entscheidung

Die Beschwerde blieb erfolglos. Die gegenseitige Erbeinsetzung und die Schlusserbeneinsetzung durch die Ehegatten müssen nicht zwingend in einer Urkunde erfolgen; möglich ist es auch, diese Regelungen in verschiedenen Urkunden in zeitlichem Abstand zu treffen, sofern der Wille der Testierenden dahin geht, nunmehr beide Verfügungen als eine Einheit gelten zu lassen. Im Weiteren wurde durch die Auslegung des Testaments festgestellt, dass die Eheleute die Einheitslösung verfügt haben. Die Eheleute haben eine Teilung ihres Vermögens – hier ihres Besitzes – nach dem Ableben von beiden gewollt. Die Eheleute seien von einer Verschmelzung ihrer Vermögensmassen ausgegangen und haben die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Erstverstorbenen unter eine Pflichtteilsstrafklausel gestellt. Letzteres ergibt nur Sinn, wenn ein Berliner Testament mit der Einsetzung der Kinder als Schlusserben gewollt gewesen ist.

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