Nicht selten werden in einem Planfeststellungsverfahren sowohl im Verfahren der Hauptsache als auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes privat eingeholte Gutachten, die im jeweiligen Rechtsschutzverfahren fruchtbar gemacht werden, vorgelegt. Am Ende der Verfahren stellt sich die Frage, welchem Verfahren die Kosten für die Einholung der Privatgutachten zuzuordnen sind.

Ausgangspunkt für die die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren von einem Beteiligten vorgelegtes privates Gutachten ist § 162 Abs. 1 VwGO. Danach sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten objektivierten Maßstab ist die Notwendigkeit außergerichtlicher Aufwendungen aus der Sicht eines verständigen Beteiligten zu beurteilen, der bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Dabei ist ex ante auf den Zeitpunkt der die Aufwendungen verursachenden Handlungen abzustellen. Es ist deswegen ohne Belang, ob sich diese im Nachhinein als erforderlich oder unnötig herausstellen (vgl. BVerwG NJW 2000, 2832; ebenso BGH MDR 2018, 1406 Rn 17 f. – zu § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Auch die Kosten eines Privatgutachtens können erstattungsfähig sein, wenn dessen Einholung – etwa zur Vorbereitung des Verfahrens oder zur Erlangung der erforderlichen Sachkunde – geboten war. Zudem muss die Prozesssituation die Vorlage eines Privatgutachtens herausfordern und dessen Inhalt auf Förderung des Verfahrens zugeschnitten sein (BVerwG Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 37 S. 5 sowie Nr. 43 Rn 6 ff. und Beschl. v. 12.9.2019 – 9 KSt 1.19, Rn 6, jeweils m.w.N.). Unterschiedliche Auffassungen haben beim BVerwG allerdings zwischen dem 4. und 9. Senat insofern bestanden, ob ungeachtet dieser Voraussetzungen in Planfeststellungsverfahren die Kosten eines sowohl im Klage- als auch im zugehörigen Eilverfahren vorgelegten Privatgutachtens, das sich zur Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses verhält, im Eilverfahren anteilig erstattungsfähig sind.

Dies ist nunmehr vom Großen Senat des BVerwG in seinem Beschl. v. 2.3.2020 (Gr/Sen 1/19) bejaht worden. Danach sind Kosten eines Privatgutachtens, das sich zur Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses verhält und sowohl im Klageverfahren als auch im zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorgelegt wird, vorbehaltlich der jeweiligen Kostengrundentscheidung unter den in § 162 Abs. 1 VwGO genannten Voraussetzungen anteilig in beiden Verfahren erstattungsfähig.

Zur Begründung weist das BVerwG darauf hin, dass Hauptsacheverfahren und Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG komplementäre Rechtsschutzfunktionen hätten: Das in Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG verankerte verfassungsrechtliche Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren und irreparable Folgen, wie sie durch die Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten könnten, soweit als möglich auszuschließen, stelle besondere Anforderungen an die gerichtliche Prüfungsintensität in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Könne ein Beteiligter, der gegen einen Planfeststellungsbeschluss gerichtlich vorgehe und der sich hieraus schon für das Eilverfahren ergebenden Substanziierungslast nicht ohne Hinzuziehung externen Sachverstands nachkommen, stehe ihm unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch für die ihm hierdurch entstandenen Aufwendungen zu, soweit sie dem Eilverfahren zuzuordnen seien und dieses mit einer für ihn günstigen Kostengrundentscheidung ende.

ZAP F. 19 R, S. 1195–1210

Von Rechtsanwalt Prof. Dr. Bernd Andrick, VorsRiVG a.D., Münster

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