Ein immer wiederkehrender Streitpunkt zwischen Grundstücksnachbarn sind grenznahe Anpflanzungen, die zu Beeinträchtigungen der Nutzung benachbarter Grundstücke führen. Denn insbesondere Bäume können nicht nur wirtschaftlich und/oder ökologisch wertvoll sowie optisch reizvoll, sondern auch für den Nachbarn überaus lästig sein. Das ist der Fall, wenn sich die Auswirkungen dieser Anpflanzungen nicht auf das Grundstück beschränken, auf dem sie wachsen, sondern wenn sie auch Nachbargrundstücke betreffen. Denn einerseits kann nach § 903 S. 1 BGB jeder Eigentümer sein Grundstück grundsätzlich so nutzen wie er will (positive Eigentümerbefugnis), und andererseits hat jeder Eigentümer grundsätzlich das Recht, jede beliebige Einwirkung abzuwehren (näheres zu allem s. PWW/Lemke, BGB, 11. Aufl., § 903 Rn 2).

 

Hinweis:

§ 903 S. 1 BGB enthält keine Anspruchsgrundlage. Die negativen Eigentümerbefugnisse können nur mit Hilfe der Selbstverteidigungs- und Selbsthilferechte, nämlich Notwehr (§ 227 BGB), Notstand (§§ 228, 904 BGB) und Selbsthilfe (§ 229 BGB) durchgesetzt werden. Daneben sichern diverse gesetzliche Anspruchsgrundlagen den Schutz des Eigentums (§ 985 BGB, §§ 987 ff. BGB, § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz, §§ 905 ff. BGB, § 1004 Abs. 1 BGB und § 1005 BGB.

Sind Bäume an einem nachbarlichen Interessenkonflikt beteiligt, entzündet der sich hauptsächlich daran, dass das Nachbargrundstück entweder durch die von ihnen hervorgerufenen Einwirkungen beeinträchtigt oder durch ihr Umfallen bzw. durch das Abbrechen von Ästen beschädigt wird. In dem einen Fall verlangt der betroffene Grundstückseigentümer i.d.R. die Beseitigung der Einwirkung und/oder eine Entschädigung für die Beeinträchtigung; in dem anderen Fall möchte er den entstandenen Schaden ersetzt bekommen. Ob das eine oder das andere Verlangen von Erfolg gekrönt ist, hängt in erster Linie davon ab, inwieweit der Nachbar für die Ereignisse rechtlich verantwortlich ist. Trifft ihn ein Verschulden, weil er z.B. einen für jedermann erkennbar umsturzgefährdeten Baum nicht fällt, gibt es keine haftungsrechtlichen Besonderheiten: Stürzt der Baum auf das Nachbargrundstück, ist der dadurch entstandene Schaden nach § 823 Abs. 1 BGB zu ersetzen. Komplizierter wird es bei fehlendem Verschulden des Nachbarn. In diesem Fall hängt seine rechtliche Verantwortlichkeit davon ab, ob er Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist. Diese Frage lässt sich insbesondere dann nicht leicht beantworten, wenn die von dem Baum ausgehenden Einwirkungen auf das Nachbargrundstück auf Vorgängen beruhen, welche die Natur hervorruft.

Bäume fristen in den nachbarrechtlichen Gesetzesbestimmungen ein eher klägliches Dasein. Im BGB werden sie nur in den §§ 910, 923 BGB genannt. Die Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer enthalten insoweit lediglich Vorschriften über den mit Anpflanzungen einzuhaltenden Grenzabstand (s. Zusammenstellung bei Horst, Rechtshandbuch Nachbarrecht, S. 593 ff.). Die folgenden Vorschriften spielen eine entscheidende Rolle bei der Lösung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit Bäumen auf dem Nachbargrundstück.

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