a) Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 SGB II

§ 11b Abs. 2 SGB II (bis 31.3.2011: § 11 Abs. 2 S. 2 SGB II) sieht für Einkommen aus Erwerbstätigkeit statt der in § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 3–5 SGB II (bis 31.3.2011: § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3–5 SGB II) genannten Absetzbeträge die Berücksichtigung eines Grundfreibetrags von 100 EUR vor. Liegt das Einkommen aus Erwerbstätigkeit unter 100 EUR, kann dieser Freibetrag nach der BSG-Entscheidung vom 5.6.2014 (B 4 AS 49/13 R) dennoch nur von diesem Einkommen abgesetzt werden und nicht auf andere Einkommensarten, etwa das Kindergeld, übertragen werden. Der gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V pauschal vorzunehmende Absetzbetrag für nach Grund und Höhe angemessene Versicherungen kann hiernach nicht mehr neben dem Grundfreibetrag geltend gemacht werden, selbst wenn dieser nicht voll ausgenutzt wird. Dies führt zu dem Ergebnis, dass der ALG-II-Anspruch eines Leistungsberechtigten mit Nichterwerbseinkommen (z.B. Kindergeld) wegen Wegfalls des Absetzbetrags nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V sinkt, wenn er im laufenden Leistungsbezug eine Erwerbsarbeit mit einem Entgelt bis zu 100 EUR aufnimmt!

b) Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit

In einem anderen Urteil vom 5.6.2014 (B 4 AS 31/13 R) hat das BSG zur Einkommensberechnung Selbständiger entschieden, dass auch bei einem monatlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit unter 400 EUR notwendige Betriebsausgaben vorab abzusetzen sind. Für die Einkommensermittlung von Selbständigen sieht § 3 Alg II-V spezielle Regeln vor. Unter anderem sind nach § 3 Abs. 2 Alg II-V von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge abzusetzen. Gemäß § 3 Abs. 2 Alg II-V sind daher nur die rein betrieblichen Ausgaben abzusetzen. Als Faustformel kann gelten, dass Aufwendungen, die auch abhängig Beschäftigten typischerweise entstehen, unter § 11b SGB II fallen können, während Aufwendungen, die nur wegen der Selbständigkeit entstehen, dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind (vgl. BSG, Urt. v. 5.6.2014 – B 4 AS 31/13 R, Rn. 18 f.). Erst nach diesen Absetzungen gem. § 3 Alg II-V kommt § 11b SGB II zum Tragen und bleibt daneben bestehen. Insbesondere ist nach der Entscheidung des BSG der Rückgriff auf den Grundfreibetrag von 100 EUR aus § 11b Abs. 2 SGB II auch bei Einkommen unter 400 EUR nicht durch § 3 Alg II-V gesperrt.

 

Hinweise zu betrieblich genutzten Kfz:

Eine Sonderregelung zu Aufwendungen für überwiegend betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge kennt § 3 Abs. 7 Alg II-V. Hiernach sind die tatsächlichen Ausgaben für das mehr als 50 % betrieblich genutzte Fahrzeug als betriebliche Ausgabe (also nach § 3 Abs. 2 Alg II-V) abzusetzen, nachdem diese Aufwendungen um die Aufwendungen für private Fahrten gekürzt worden sind. Als privat gelten dabei auch die Fahrt zwischen der Wohnung und regelmäßiger Betriebsstätte (BSG, Urt. v. 5.6.2014 – B 4 AS 31/13 R, Rn. 23); die Aufwendungen hierfür unterfallen § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II und sind damit von der Pauschale des § 11b Abs. 2 SGB II umfasst.

c) Keine Absetzungen der Zahlung rückständigen Unterhalts

Nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGB II sind im SGB II vom Einkommen Aufwendungen zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung bis zu einem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag abzusetzen. Mit dieser Vorschrift soll ein Ausgleich zwischen der grundsätzlichen Pflicht der Leistungsberechtigten, ihr Einkommen und Vermögen vorrangig für ihren eigenen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einzusetzen, und den Ansprüchen der Unterhaltsberechtigten geschaffen werden (s. hierzu bereits Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1365, 1366 f. unter I.1.b). Nach der BSG-Entscheidung vom 20.2.2014 (B 14 AS 53/12 R) gilt die Absetzbarkeit nur für laufende Unterhaltszahlungen, nicht jedoch für die Begleichung von Unterhaltsrückständen. Zahlungen auf Unterhaltsrückstände, auch Ratenzahlungen, können daher nicht vom Einkommen abgesetzt werden. Das BSG führt weiter aus, dass diese Aufwendungen auch nicht nach seiner Rechtsprechung zu den bereiten Mitteln (s. hierzu etwa BSG, Urt. v. 10.9.2013 – B 4 AS 89/12 R und Pattar/Sartorius ZAP F. 18, S. 1365, 1368 f.) abgesetzt werden können. Anders als in den dort entschiedenen Fällen sei nicht die Anrechnung eines fiktiven Einkommens streitig, sondern eine nicht zwingende Verwendung tatsächlich vorhandenen Einkommens.

d) Offensichtlich unwirtschaftliche Verwertung eines Vermögensgegenstandes

Leistungsberechtigte nach dem SGB II haben alle verwertbaren Vermögensgegenstände zur Deckung ihres Lebensunterhalts einzusetzen (§ 12 Abs. 1 SGB II). In seiner Entscheidung vom 20.2.2014 (B 14 AS 10/13 R) bestätigt das BSG zunächst seine Rechtsprechung, nach der ein Vermögensgegenstand nur dann verwertbar ist, wenn er innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten (vgl. § 41 Abs. 1 S. 4 SGB II) "versilbert", also durch Verkauf, Beleihung oder in anderer Weise in Geld umgesetzt werden kann.

Nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II sind dabei solche Vermögensgegenstände nicht als Vermögen anzusehen, deren Verwertung o...

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