Die hohe Kunst der Vertragsgestaltung – wie wäre es, wenn man sie noch einen Schritt weiterführen und auf das nächste Level bringen würde? Verträge könnten sich selbst überprüfen, ausführen und zum Teil sogar selbstständig handeln. Geht nicht? Geht doch! Und gibt es sogar schon, nämlich in Form sog. Smart Contracts. Das bedeutet nicht, dass man Verträge, die in Papierform vorliegen, einscannt und so beispielsweise als PDF-Datei digitalisiert. Smart Contracts verfolgen einen anderen Ansatz: Sie bestehen nicht nur aus reinem Text, sondern zusätzlich aus Programmcode. Dadurch können sie automatisiert und mit bestimmten Funktionen versehen werden. Praktische Anwendungsfälle von solchen "cleveren Verträgen" gibt es etwa bei Wohnungsmietverhältnissen oder auch in der Versicherungs- bzw. Finanzdienstleistungsbranche. Im "Rechtshandbuch Smart Contracts" von Braegelmann/Kaulartz wird das Thema umfassend beleuchtet, von Bitcoins und Blockchain über Kryptografie bis hin zu dezentralen Netzen. Es werden natürlich alle einschlägigen Rechtsgebiete behandelt, u.a. das AGB-Recht, Insolvenzrecht, Zwangsvollstreckung, geistiges Eigentum sowie Daten- und Verbraucherschutz. Natürlich kommen auch die technischen Aspekte nicht zu kurz, die u.a. am Beispiel des ERC20-Standards näher beleuchtet werden. Sogar ein Code-Beispiel findet sich in dem wirklich lesenswerten Werk. Abgerundet wird der Inhalt durch ein Kapitel zu den Themen Risikopotenzial und Konfliktlösung. Und auch die Problematik einzelner Formvorschriften (Schriftform, Textform, notarielle Beglaubigung) wird eingehend behandelt. Zielsetzung von Smart Contracts ist letztlich, dass sie den Vertragsparteien, Rechtsanwälten und anderen in sonstiger Weise involvierten Dritten einen echten Mehrwert bieten. Denn normalerweise wird ein Vertrag am Rechner verfasst, ausgedruckt, unterzeichnet, anschließend eingescannt und als Datei wieder im Rechner abgelegt. Einen Schritt weiter muss man heutzutage in manchen Fällen schon gehen, wenn man Dokumente im elektronischen Rechtsverkehr nutzen möchte. Denn dann müssen bestimmte Dateiformate zum Einsatz kommen, in Form von durchsuchbaren PDFs. Zusätzlich muss bei der Übertragung z.B. mittels beA u.U. eine digitale Signatur angebracht werden. Letztlich müssen Verträge aber nach wie vor durchgelesen, verstanden und angewandt werden. Das heißt im Regelfall: Vertrag raussuchen und viele Seiten durchforsten. Abgesehen davon muss man sich im Vorfeld auch erst einmal daran erinnern, dass ein Vertrag geschlossen wurde. Das mag banal klingen, ist aber bei älteren, ggf. schon mehrere Jahre zurückliegenden Vertragswerken durchaus eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. All diesen Nachteilen sollen mit Hilfe von Smart Contracts begegnet werden. Sicherlich funktioniert das (noch) nicht in allen Bereichen, ist aber ein vielversprechender Ansatz. Wer sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen solcher modernen Werke befassen will oder muss, findet im "Rechtshandbuch Smart Contracts" einen spannenden Einstieg und zugleich einen sehr guten Überblick der Materie. Ein erstes und wichtiges Buch zu einem so wichtigen Zukunftsthema, was eigentlich schon längst zur Gegenwart gehört.

RA Michael Rohrlich, Würselen

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