1. Betriebsgefahr (§ 7 StVG)

Gerät ein Kfz, das außerhalb des Verkehrsraums ordnungsgemäß abgestellt ist, sieben Stunden später durch Selbstentzündung in Brand, so geschieht dies nicht "bei dem Betrieb" i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG (LG Köln DAR 2018, 31 m. Anm. Schwab = zfs 2018, 321 m. Anm. Diehl]). Das zum Schaden führende Ereignis muss im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet sein, einen Erfolg der eingetretenen Art herbeizuführen. Daran gemessen erweist sich die Tatsache, dass sich ein Hund nach einem fremdverschuldeten Verkehrsunfall nach seiner Befreiung aus dem Kfz, in dem er zuvor saß, losreißt, entläuft und in einiger Entfernung zwei Stunden später von einem Dritten mit dessen Pkw angefahren wird, als zu außergewöhnlich, das sie noch dem Erstschädiger zugerechnet werden könnte (LG Hamburg NZV 2018, 191 [Bachmor]). Schäden, die sich bei Tätigkeiten ereignen, die ein Fahrer vornimmt, um seine Fahrt beginnen oder fortsetzten zu können (konkret: Beiseiteschieben eines die Weiterfahrt behindernden Krads), sind bei dem Betrieb des Kfz entstanden (AG Regensburg VRR 6/2018, 10 [Knappmann]). Zum Versicherungsschutz "durch den Gebrauch eines Kfz" beim Einfüllen eines falschen Kraftstoffs in den Erdtank einer Tankstelle durch ein Tankfahrzeug s. LG Düsseldorf (DAR 2018 m. Anm. Müller = zfs 2018, 278).

2. Haftungsverteilung und Mitverschulden (§§ 9, 17 StVG, § 254 BGB)

a) Kollisionen von Kfz beim Einfahren, Abbiegen, Bremsen und Rückwärtsfahren

Der gem. § 10 S. 1 StVO Einfahrende hat gegenüber Vorfahrtberechtigten hohe Sorgfaltspflichten zu beachten. Gleichwohl muss auch der Vorfahrtberechtigte stets besonders aufmerksam fahren und den Straßenverkehr gehörig beobachten. Kommt es bei beiderseitig festgestellten Verkehrsverstößen zu einer Kollision, ist eine Quote von 50 zu 50 angemessen (OLG Celle NZV 2018, 189 [Gutt]). In Fällen "mehrspurigen parallelen Abbiegens" werden das Recht der freien Fahrstreifenwahl des am weitesten rechts eingeordneten Abbiegers und das Rechtsfahrgebot durch das Gebot, die Spur zu halten, ersetzt. Hatte ein Fahrzeugführer/Kfz-Halter wegen einer Verkehrslage bei "mehrspurigem parallelen Abbiegen" auf der von ihm gewählten (Links-)Abbiegespur Vorrang und ist dagegen einem anderen Fahrer ein Verstoß gegen die Gefahrvermeidungspflicht beim Spurwechsel (§ 7 Abs. 5 StVO) unterlaufen, hat ersterer deswegen im Kollisionsfall Anspruch auf Schadensersatz in voller Höhe (OLG München NJW 2018, 960 = DAR 2018, 148 = NZV 2018, 191 [Lempp]). Bei einem scharfen Abbremsen zum Zwecke der Disziplinierung/Verkehrserziehung des Nachfolgenden ergibt sich eine volle Haftung des Bremsers, da ein solcher Akt der Selbstjustiz im Straßenverkehr den in § 1 StVO verankerten Geboten der Vorsicht und Rücksichtnahme in schwerwiegender Weise widerspricht (LG Essen VRR 7/2018, 11 [Nugel]).

Wer in einer Einbahnstraße in Fahrtrichtung vom Fahrbahnrand anfährt, muss nicht damit rechnen, dass ihm ein Kfz entgegen kommt. Im Falle einer Kollision besteht daher kein Anschein für ein Verschulden des vom Fahrbahnrand Anfahrenden, § 10 StVO. Dessen Mithaftung ist nur gerechtfertigt, wenn der Rückwärtsfahrer dem Anfahrenden ein unfallursächliches Aufmerksamkeitsverschulden nachweisen kann (OLG Düsseldorf DAR 2018, 204 = NZV 2018, 237 [Dürpisch]). Fährt der Fahrer eines Müllfahrzeugs rückwärts, ohne sich einweisen zu lassen, kann ihn auch dann eine Mithaftung treffen, wenn der Fahrer eines unmittelbar nachfolgenden Pkw in einer Überreaktion sein Fahrzeug zurücksetzt und dabei mit einem anderen Fahrzeug kollidiert (LG Saarbrücken NJW 2018, 1108 = zfs 2018, 316).

Wer an einem Hindernis auf der Fahrbahn vorbeifahren will, muss entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen, § 6 S. 1 StVO. Der Wartepflichtige ist in besonderem Maße zur Vorsicht gehalten. Dazu gehört, dass er bereits bei Annäherung an die Engstelle die eigene Geschwindigkeit herabsetzt und beobachtet, ob bevorrechtigter Gegenverkehr herannaht. Weicht im Begegnungsverkehr ein nach Maßgabe des Vorgenannten bevorrechtigtes Fahrzeug in der Engstelle nach rechts aus, ohne dass es dabei zu einer Berührung der beiden Kfz kommt, haftet der Wartepflichtige allein (LG Hamburg NZV 2018, 432 [Bachmor]).

b) Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn

Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen um 70 km/h (200 km/h statt 130 km/h) vermag auch im Falle eines unzulässigen Spurwechsels eine Anrechnung der Betriebsgefahr im Umfang von 30 % zu rechtfertigen (OLG Düsseldorf DAR 2018, 202 = zfs 2018, 376 m. Anm. Diehl). Auch wenn der Auffahrende maßvoll die empfohlene Richtgeschwindigkeit überschreitet, verwirklicht sich die mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit verbundene Gefahr des Ver- und Unterschätzens der Annäherungsgeschwindigkeit des rückwärtigen Verkehrs nicht, wenn der die Fahrstreifen Wechselnde den rückwärtigen Verkehr gar nicht beachtet (OLG Hamm NJW-RR 2018, 474 = NZV 2018, 330 [Lempp]).

c) Kollisionen mit oder zwischen Radfahrern

Kommt es bei Dunkelheit in einem ampelgeregelten Kreuzungsbereich zur Kollision zwischen einem ohne funktionsfähige Beleuchtung ausgestatteten Fahrrad und einem Kfz, wo...

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