– Überblick zu den verbraucherprivatrechtlichen Auswirkungen des „Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes”

I. Einleitung

Korrektur der deutschen Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie 2014/17/EU

Die Reformpermanenz im europäischen und deutschen Verbraucher(privat)recht hat eine weitere Bestätigung erfahren: Etwa 15 Monate nach dem zum 21.3.2016 in Kraft getretenen "Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften" vom 11.3.2016 (BGBl I, S. 396) zur Erfüllung der Vorgaben der "Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.2.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010" (EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie, ABl L 60 v. 28.2.2014, S. 34, kurz: WIKrRL) ist mit dem "Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz" eine weitere Reform der Reform vollzogen worden: Das "Gesetz zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz)" vom 6.6.2017 (BGBl I, S. 1495) ist zum 10.6.2017 in Kraft getreten und enthält zahlreiche Detailänderungen in verschiedenen Regelungsbereichen des Umsetzungsgesetzes zur WIKrRL. Mit der im Februar 2014 verabschiedeten WIKrRL hat der europäische Gesetzgeber einen Bereich "harmonisiert", der von der Verbraucherkredit-Richtlinie 2008/48/EU (ABl L 133 v. 22.5.2008, S. 66, VerbrKrRL) bislang ausgenommen wurde, denn diese umfasst Immobiliarkredite ebenso wenig wie grundpfandrechtlich gesicherte Kredite (s. zuletzt m.w.N. N. Fischer ZAP F. 8, S. 563 ff.).

Das Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz enthält in acht Artikeln zahlreiche Detailregelungen, so dass sich der vorliegende Beitrag auf einen grundsätzlichen Überblick zu den wesentlichen Änderungen (II. 1.) im deutschen (Verbraucher-)Privatrecht (II. 2.) neben kurzen Hinweisen zu den weiteren Regelungsmaterien (II. 3.) beschränkt. Dies mündet in ein erstes bewertendes Fazit zu dieser Reform der Reform, die – wie das vorangegangene Umsetzungsgesetz – rechtspolitisch wie rechtsdogmatisch diskussionswürdig ist (III.).

II. Korrekturanlass und -umfang: Regelungen des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes

Den Anlass für eine gesetzgeberische Korrektur bildet erstens u.a. die Kritik von Teilen der deutschen Kreditwirtschaft an den ebenso strengen wie detaillierten Vorgaben insbesondere zur Kreditwürdigkeitsprüfung (s. zu deren unionsrechtlichen Vorgaben z.B. Herresthal EuZW 2014, 497 ff. m.w.N.). Wie der Gesetzgeber selbst feststellt, haben die WiKrRL sowie insbesondere ihre deutsche Umsetzung Praxisfragen (speziell zur Kreditwürdigkeitsprüfung) aufgeworfen und zu einem heterogenen Verständnis der §§ 505a ff. BGB geführt (s. m.w.N. z.B. MüKo-BGB/Schürnbrand, 7. Aufl. 2017, § 505a BGB Rn 6 f.; Omlor NJW 2017, S. 1633 ff.). Insbesondere gibt es danach die Befürchtung, dass durch die damit bestehenden Unsicherheiten in der Rechtsanwendung eine übertriebene Zurückhaltung bei der Darlehensvergabe an Verbraucher entstanden ist (s. BT-Drucks 18/10935, S. 1). Gemäß der (namensprägenden) gesetzgeberischen Intention soll das Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz zugleich neue Befugnisse für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) schaffen, um mögliche Gefahren für die Finanzstabilität verhindern zu können. Diese sollen sich aus Überbewertungen auf Wohnimmobilienmärkten, sinkenden Kreditvergabestandards und einer übermäßigen Kreditvergabe ergeben, wobei das Gesetz auch der Umsetzung von Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität der Bundesregierung (AFS) vom 30.6.2015 dient (s. BT-Drucks 18/10935, S. 19).

 

Hinweis:

Damit sollen Risiken für die Stabilität des deutschen Finanzsystems, die aus der Darlehensvergabe zum Bau oder Erwerb von Wohnimmobilien resultieren, eingedämmt werden.

Drittens besteht Anpassungsbedarf im Darlehensrecht bereits durch die Reformierung der WIKrRL selbst (vgl. BT-Drucks 18/10935, S. 2): Die (sog. Benchmark-) "Verordnung (EU) 2016/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014" (ABl L 171 v. 29.6.2016, S. 1) führt zur Ergänzung sowohl der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG als auch der WIKrRL 2014/17/EU um zwei neue (verbraucherschützende) Informationspflichten, wobei diese Richtlinienvorgaben bis zum 1.7.2018 umzusetzen sind (s. BT-Drucks 18/10935, S. 20).

1. Regelungsanliegen des Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetzes

Interessanterweise hebt die Gesetzesbegründung in ihrem Allgemeinen Teil zunächst die große (kredit-)wirtschaftliche Bedeutung von Darlehen zum Bau oder Erwerb von Wohnimmobilien hervor (s. BT-Drucks 18/10935, S. 19): Diese Kredite haben ein Volumen von ca. 70 % der Gesamtverbindlichkeiten des inländischen Haushaltssektors und betragen ca. 50 % des ...

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