Die in den früheren Berichten im Zivilrecht verortete Frage der Verwertbarkeit der Aufzeichnungen sog. DashCams hat nun das Strafrecht erreicht, wenngleich es weiterhin auch zivilrechtliche Entscheidungen gibt (näher Nugel zfs 2016, 428; Kaiser NJW 2016, 2790): Von einem Unfallgeschädigten mit einer DashCam gefertigte Aufnahmen vom Unfallgeschehen können grundsätzlich als Beweismittel in einem Zivilprozess verwertet werden. Es bedarf aber einer einzelfallbezogenen Abwägung der beteiligten Individual- und Gemeininteressen, um zu ermitteln, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht hingenommen werden muss (AG München DAR 2016, 245; ähnl. LG Nürnberg-Fürth VRR 9/2016, 11 [Schulz-Merkel]; zu einer durch einen Bewegungsmelder ausgelösten Aufzeichnung aus einem abgestellten Fahrzeug LG Memmingen DAR 2016, 143 = VRR 5/2016, 9 [Niehaus]).

Nach der Entscheidung des AG Nienburg (DAR 2015, 280 = StRR 2015, 185 = VRR 5/2015, 11 [jew. Deutscher]) hat sich nunmehr erstmalig ein Obergericht mit der straf- bzw. bußgeldrechtlichen Verwertbarkeit solcher Aufzeichnungen befasst. Das OLG Stuttgart (NJW 2016, 2280 = DAR 2016, 408 = VRR 6/2016, 18 [Niehaus]) hat sich zu einer Verwertbarkeit in einem Fall bekannt, bei dem ein Rotlichtverstoß mittels einer solchen Aufzeichnung eines Zeugen nachgewiesen wurde: Aus einem Verstoß eines Verkehrsteilnehmers beim Betrieb einer DashCam (On-Board-Kamera) gegen das datenschutzrechtliche Verbot gem. § 6b BDSG, nach dem die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur in engen Grenzen zulässig ist, folge nicht zwingend ein Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren. § 6b BDSG, insbesondere dessen Absatz 3 Satz 2, enthalte kein gesetzlich angeordnetes Beweisverwertungsverbot für das Straf- und Bußgeldverfahren. Ob ein (möglicherweise) unter Verstoß gegen § 6b BDSG erlangtes Beweismittel zu Lasten eines Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verwertet werden darf, sei im Einzelfall insbesondere nach dem Gewicht des Eingriffs sowie der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Der Tatrichter sei grundsätzlich nicht gehindert, eine Videoaufzeichnung, die keine Einblicke in die engere Privatsphäre gewährt, sondern lediglich Verkehrsvorgänge dokumentiert und eine mittelbare Identifizierung des Betroffenen über das Kennzeichen seines Fahrzeugs zulässt, zu verwerten, wenn dies zur Verfolgung einer besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigenden Ordnungswidrigkeit erforderlich ist.

Es bleibt abzuwarten, ob andere Obergerichte und der BGH diesem weitgehenden Ansatz folgen werden (abl. Niehaus a.a.O.).

 

Abschließende Hinweise:

Übersicht zur aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung zum Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrecht bei König DAR 2016, 362. Die Rechtsprechung zur Straßenverkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss referiert Bellardita DAR 2016, 383. Grundfragen der Nötigung auf der Autobahn erörtert Fromm DAR 2016, 230. Zur Einziehung des Tatfahrzeugs nach § 21 Abs. 3 StVG näher Rebler DAR 2016, 422.

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