Beabsichtigt der Anwalt, einen Vergleich abzuschließen, so muss er vorher die Partei darüber informieren, mit welchem Inhalt er ihn abzuschließen gedenkt und ihre Zustimmung einholen. Über Vor- und Nachteile hat er seinen Mandanten zu unterrichten (Borgmann NJW 2002, 2145). Ein Vergleich sollte der bisherigen Sach- und Rechtslage entsprechen unter Einschätzung des Ergebnisses künftiger Beweiserhebungen; das ist leichter gesagt als getan. Der BGH (NJW 1993, 1325) verlangt eine Prüfung, ob ein Urteil wesentlich günstiger sein würde als der Vergleich; hier werden vom Anwalt prophetische Fähigkeiten verlangt. Der BGH meint, es sei Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts (!) entgegenzuwirken (BGH NJW 2009, 987; bestätigt BVerfG NJW 2009, 2945).

Unterlässt es der Berufungsanwalt, auf ein für seinen Mandanten günstiges Urteil des BGH hinzuweisen und verliert der Mandant deshalb den Prozess, dann haftet der Anwalt, obwohl auch das Gericht die Entscheidung des BGH übersehen hat (BGH NJW 2009, 987). Ob ein Vergleich geschlossen werden soll, entscheiden die Parteien. Oft unsachgemäß sind die häufigen gerichtlichen Vergleichsvorschläge auf 50 % der Klagesumme. Die Partei muss den Vergleich in seiner Tragweite verstehen und erkennen, welche Risiken sie eingeht, welche Positionen sie verliert (vgl. BGH NJW 1993, 1325). Die Partei ist zwar gegenüber ihrem Anwalt weisungsberechtigt, aber letztlich in ihrer Entscheidung auf die Erfahrung des Anwalts angewiesen.

 

Praxishinweis:

Manchmal drängt der Richter die Parteien zu einem Vergleich; die eingeschüchterte Partei will sich schließlich vergleichen, der Anwalt nicht, weil er nach Beweisaufnahme für ein Urteil, spätestens in der Berufung, viel bessere Chancen sieht; dann sollte der Anwalt zumindest zu Protokoll geben, dass er seiner Partei vom Vergleich abgeraten hat.

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