Die Prozessvollmacht ermächtigt in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung zwar zum Empfang der vom Gegner oder aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten, aber nicht zum Empfang der Hauptsache (§ 81 ZPO), also z.B. des Betrags, den der Beklagte an den Kläger zu zahlen hat. Die in der Praxis üblichen Formulare erweitern allerdings diese Vollmacht auch zum Empfang der Hauptsache (die Problematik, dass der Anwalt den Betrag unterschlagen kann, ist dem Mandanten nicht bekannt). Es kommt immer wieder vor, dass ein Anwalt eine Prozesspartei vertritt, ohne dass er eine schriftliche Prozessvollmacht hat, etwa weil die Ausstellung übersehen wird. Dann fehlt die Geldempfangsvollmacht. Deshalb muss derjenige, der nicht an die Partei selbst, sondern laut Prozessvergleich an deren Anwalt zahlen soll, sich der Geldempfangsvollmacht versichern, indem er sich das Original der Vollmacht vorlegen lässt (vgl. Horn NJW 2016, 1559) und kopiert oder die Vorlage im Protokoll festhalten lässt. Die anwesende Partei kann ggf. die Geldempfangsvollmacht zu Protokoll erklären.

Die Zahlung auf das Anwaltskonto wird z.B. vereinbart, damit der Anwalt den Geldeingang kontrollieren und vor der Weiterleitung des Betrags seine Anwaltsgebühren abziehen kann; mancher Anwalt macht es auch deswegen, damit er die Hebegebühr (Nr. 1009 VV RVG) verdienen kann. Zahlt der Beklagte an den klägerischen Anwalt, ohne dass dieser eine Geldempfangsvollmacht hat, und unterschlägt der Anwalt das Geld, muss der Beklagte nochmals zahlen und wird sich bei seinem sorglosen Anwalt schadlos halten.

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