Ein in der Branche der Vermittlung von Ferienapartments und Hotels tätiges Unternehmen rief eine Vermieterin von Appartements an und versuchte, diese davon zu überzeugen, auf dem Internetportal der Vermittlerin Werbung zu veröffentlichen. Die Appartement-Anbieterin war dazu nicht bereit, suchte sich die E-Mail-Adresse der Anruferin heraus und schickte dieser eine E-Mail, in der sie Unterlassung der unverlangten Werbeanrufe forderte. Die Portalbetreiberin reagierte darauf in belehrender Weise und bestätigte lediglich, die Rufnummer der Appartement-Anbieterin künftig in ihrer Sperrliste („Blacklist”) zu speichern. Daraufhin forderte die Appartement-Anbieterin durch einen von ihr beauftragten Rechtsanwalt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die von der Portalbetreiberin verweigert wurde. Die Appartement-Anbieterin (Klägerin) klagte gegen die Portalbetreiberin (Beklagte) sodann beim LG Flensburg auf Unterlassung, die Klägerin zum Zwecke der Werbung anzurufen oder anrufen zu lassen, ohne dass eine Einwilligung der Beklagten in eine werbliche Ansprache per Telefon vorliegt, sowie ferner auf Erstattung der anwaltlichen Kosten ihrer Abmahnung. Das LG Flensburg (Urt. v. 8.4.2022 – 8 O 7/22) gab der Klage antragsgemäß statt. Nach st. Rspr. stellen Anrufe bei einem Unternehmer zu Werbezwecken grds. einen Eingriff in den von §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Hierbei sind die Wertungen aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG heranzuziehen. Danach ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung durch einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einigung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung. Eine mutmaßliche Einwilligung muss sich – ex ante betrachtet – aus den konkreten Umständen ergeben. Ein allgemeines Interesse an einem günstigen Angebot zu unterstellen, genügt nicht. Da es im vorliegenden Fall an einer ausdrücklichen und mutmaßlichen Einwilligung fehlte, lagen die Voraussetzungen einer unzumutbaren Belästigung durch den Telefonanruf vor. Die Wiederholungsgefahr war nach Ansicht des Gerichts nicht durch die Aufnahme in eine „Blacklist” entfallen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme ließ das Gericht dahinstehen. Jedenfalls werde die durch das rechtsverletzende Verhalten der Beklagten hervorgerufene Wiederholungsgefahr nach der Rechtsprechung des BGH nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beseitigt.

 

Hinweis:

Seit dem 1.10.2021 ist mit § 7a UWG (Einwilligung in Telefonwerbung) noch eine Dokumentationspflicht für Telefonwerbung gegenüber dem Verbraucher hinzugekommen, deren Verletzung eine Ordnungswidrigkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UWG darstellt. Zu dieser neuen Regelung hat die Bundesnetzagentur „Auslegungshinweise” (Version: 7.7.2022) veröffentlicht, die auf deren Website abrufbar sind unter https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/Telekommunikation/Unternehmenspflichten/Telefonwerbung/start.html; (Stand: 18.9.2022).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge