Ende September haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Rechtsanwaltskammern in Kiel zu ihrer halbjährlichen Hauptversammlung getroffen.

Auf der Tagesordnung stand insb. das Thema "Rechtsstaat". Die Corona-Pandemie hat Exekutive, Legislative und Judikative gleichermaßen vor ungeahnte Herausforderungen gestellt. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte dies zum Anlass genommen, die Arbeitsgruppe "Sicherung des Rechtsstaats" ins Leben zu rufen. Aufgabe der Arbeitsgruppe war eine kritische Rückschau, die unter Einbeziehung gewonnener Krisenerfahrungen dazu genutzt werden sollte, Maßnahmen für die Zukunft zu ergreifen, um den Rechtsstaat krisen- und zukunftsfest zu gestalten. Nun hat sie eine erste Zwischenbilanz in Form eines Positionspapiers gezogen.

Die Hauptversammlung hat sich mit diesem Positionspapier der Arbeitsgruppe befürwortend befasst. Es müsse sichergestellt werden, dass Gesetzgeber, Justiz und Anwaltschaft in einer Krise, gleich welcher Art, handlungsfähig bleiben. Nach Auffassung der BRAK hat dies in Anbetracht der unerwartet eingetretenen Krise teilweise gut, teilweise weniger zufriedenstellend funktioniert. Insbesondere der aufgrund des notwendigen Infektionsschutzes heruntergefahrene Dienstbetrieb der Gerichte habe das Funktionieren des Rechtsstaats teilweise spürbar beeinträchtigt. Die zunächst nur in einigen Bundesländern – und leider bis heute nicht allerorts – zuerkannte Systemrelevanz der Anwaltschaft habe ihr Übriges getan, den Zugang zum Recht für Bürger zu gefährden. In die naturgemäß extrem eilbedürftigen Gesetzgebungsverfahren sei die Anwaltschaft als elementarer Bestandteil des Rechtsstaats trotz ihres Fachwissens als Rechtsanwender aber nur sehr bedingt einbezogen worden.

Die BRAK erhebt gegenüber der Politik sieben Forderungen zur Sicherung des Rechtsstaats:

  1. Sicherung des Justizgewährungsanspruchs und elementarer Verfahrensgrundsätze auch in Krisenzeiten;
  2. Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit der Gerichte/Behörden, insb. Verbesserung der technischen Ausstattung;
  3. Optimierung der Kommunikation zwischen Gerichten/Behörden, Anwaltschaft und Beteiligten;
  4. Flächendeckende Hygienekonzepte für Justiz und Anwaltschaft;
  5. Mehr Transparenz und Beteiligung der Anwaltschaft bei laufenden Gesetzgebungsverfahren;
  6. Einhaltung der parlamentarischen Verfahren, Beachtung der Gewaltenteilung und kritische Nachjustierung von Krisengesetzgebung;
  7. Keine "Deckmantelgesetzgebung" .

Die BRAK hat das Positionspapier inzwischen den zuständigen Vertretern der Bundes- und Landespolitik zugeleitet und angeregt, die Vorschläge weiter auszuarbeiten. "Das Funktionieren unseres Rechtsstaats in und nach einer Krise ist keine Selbstverständlichkeit. Alle Akteure sind gefragt und aufgerufen, an der Zukunftssicherung unseres Systems mitzuarbeiten. Die BRAK steht für Gespräche jederzeit zur Verfügung und ist bereit, ihren Beitrag zu leisten", so BRAK-Präsident Rechtsanwalt und Notar Dr. Ulrich Wessels.

[Quelle: BRAK]

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