Eine erfolgreiche Prozessführung setzt gewisse Grundkenntnisse des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) voraus. Die häufig zu beobachtende Fokussierung der anwaltlichen Tätigkeit auf das materielle Sozialrecht führt nicht selten zu einer Vernachlässigung der Beschäftigung mit dem Prozessrecht.

Es ist zu bedenken, dass die Normen des SGG kein Selbstzweck sind. Sie dienen vielmehr der Wahrung der materiellen Rechte der Prozessbeteiligten.

Nachfolgend wird auf einige ausgewählte Vorschriften des SGG hingewiesen. Sie erscheinen charakteristisch für den Sozialgerichtsprozess. In einigen knappen Worten werden die jeweiligen Besonderheiten beschrieben.

  • § 57 Abs. 1 SGG: Örtliche Zuständigkeit (s.o. 2. a. aa)

    • Wohnsitz des Klägers,
    • ersparen weiter Wege zum Gericht.
  • § 75 Abs. 1, 2 SGG: (Einfache) Beiladung und notwendige Beiladung

    • Beteiligung Dritter an einem Verfahren,
    • Prozessökonomie, neue Klage möglicherweise entbehrlich,
    • Vermeidung sich widersprechender Urteile.
  • § 91 Abs. 1 SGG: Fristwahrung bei Unzuständigkeit (s.o. 2 a. bb)

    • Die Frist zur Erhebung der Klage ist auch gewahrt, wenn Klageschrift bei anderer inländischer Behörde eingegangen ist.
    • Beachte: Muss Kläger die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit des anzurufenden Sozialgerichts kennen?
  • § 96 Abs. 1 SGG: Neuer Bescheid nach Klageerhebung

    • Wird nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen ersetzt, so wird auch der neue Gegenstand des Verfahrens.
 

Hinweis:

Soziale Leistungen werden üblicherweise durch Dauerverwaltungsakte gewährt. Anders als die Verwaltungsgerichtsordnung sieht § 96 Abs. 1 SGG aus verfahrensökonomischen Gründen eine Einbeziehung solcher Änderungsbescheide in bereits laufende Verfahren vor. Ein weiterer Widerspruch oder eine neue Klage wären unzulässig.

  • § 103 SGG: Untersuchungsgrundsatz

    • Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen, die Beteiligten sind dabei heranzuziehen;
    • Mitwirkungspflicht der Beteiligten.
  • § 105 SGG: Gerichtsbescheid

    • Mögliche Beschleunigung des Verfahrens in der ersten Instanz durch Wegfall der mündlichen Verhandlung.
 

Hinweis:

Dies ist angebracht, wenn der Sachverhalt geklärt ist und wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.

  • § 109 SGG: Anhörung eines bestimmten Arztes

    • Auf Antrag des Versicherten muss ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden.
 

Hinweis:

Der Antrag kann nur einmal gestellt werden, und dabei so rechtzeitig, dass Verschleppungsabsicht des Antragstellers ausgeschlossen erscheint. Die Staatskasse muss die Kosten übernehmen, wenn das Gutachten wesentlich zur Sachaufklärung beigetragen hat.

  • § 168 SGG: Klageänderung und Beiladungen im Revisionsverfahren

    • Klageänderung und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Dies gilt nicht für die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung nach § 75 Abs. 1 S. 2 SGG und, sofern der Beizuladende zustimmt, für Beiladungen nach § 75 Abs. 2 SGG.
 

Hinweis:

Das SGG kennt kein Versäumnisurteil. Dasselbe gilt für die Parteivernehmung als Beweismittel.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge