a) Allgemeines

Insolvenzgründe können bei der Insolvenz eines Reiseveranstalters die Zahlungsunfähigkeit und die drohende Zahlungsunfähigkeit sein. Soweit der Schuldner eine juristische Person ist, kommt ergänzend der Insolvenzgrund der Überschuldung in Betracht.

 

Hinweis:

Ist über das Vermögen des Reiseveranstalters das Insolvenzverfahren eröffnet, bereiten die Voraussetzungen des § 651k Abs. 1 Nr. 2 BGB keine besonderen Probleme.

Schwierigkeiten bereitet in der Praxis oftmals aber gerade die Konstellation, bei der zwar später das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, zum Zeitpunkt der Durchführung der Reise aber noch das Insolvenzeröffnungsverfahren anhängig war, oder aber ein Insolvenzantrag noch nicht einmal gestellt worden ist. In diesen Fällen besteht gleichwohl eine Eintrittspflicht des Versicherers, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters eingetreten war. Es kommt nicht selten vor, dass Schuldner bereits seit mehreren Monate zahlungsunfähig sind und gleichzeitig weiter auf dem Markt tätig sind, ohne dass ein Insolvenzantrag gestellt wird. Eine wirtschaftliche Tätigkeit trotz bestehender Zahlungsunfähigkeit bedeutet keinen Widerspruch. Die von der Rechtsprechung geforderte regelmäßige Grenze der Liquiditätsunterdeckung von jedenfalls 10 % lässt es ohne weiteres zu, den Geschäftsbetrieb jedenfalls noch längere Zeit aufrecht zu erhalten. Es ist ohnehin eher die Ausnahme als die Regel, dass ein Insolvenzantrag frühzeitig bzw. rechtzeitig gestellt wird.

 

Hinweis:

Insolvenzantragspflichten bestehen nur für juristische Personen, natürliche Personen unterliegen demgegenüber keiner Antragsverpflichtung.

b) Darlegungs- und Beweislast

Der Reisende hat die Insolvenz des Reiseveranstalters darzulegen und zu beweisen (BGH NJW 2002, 2238). Dies stellt in der Praxis das eigentliche Problem dar. Liegt der Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vor dem geplanten Reisantritt, ist die Geltendmachung der Ansprüche regelmäßig unproblematisch. Umgekehrt bereiten gerade die Zeiträume unmittelbar vor der Insolvenzeröffnung bzw. der Insolvenzantragstellung erhebliche Probleme bei der Anspruchsdurchsetzung.

Allerdings hat der BGH die Rechte der Verbraucher durch eine überraschende weite Auslegung der Richtlinie deutlich gestärkt (BGH, Urt. v. 2.11.2011 – X ZR 43/11, NJW 2012, 997). Eine Kausalität zwischen der eingetretenen Insolvenz und dem Reiseausfall ist danach nicht erforderlich. In der zugrunde liegenden Entscheidung hatte der Reiseveranstalter bereits Zahlungen erhalten, die Reise aber wegen des (angeblichen) Nichterreichens der Mindestteilnehmerzahl abgelehnt. Einen Monat später ordnete das Insolvenzgericht dann die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Reiseveranstalters an. Der BGH hat es hier für den Eintritt des Sicherungsfalls für ausreichend erachtet, dass die geleistete Anzahlung aufgrund der Insolvenz nicht erstattet werden konnte.

c) Nachweis des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden, sollte zunächst das Insolvenzgutachten eingesehen werden.

 

Hinweis:

Ergänzend zu dem Gutachten kann der geschädigte Reisende als Beteiligter des Insolvenzverfahrens Einsichtnahme in die Gerichtsakten nehmen. Hieraus können sich weitere Anhaltspunkte auf den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ergeben.

Wertvolle Hinweise für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit kann das Gutachten des Sachverständigen auch dann liefern, wenn der Zeitpunkt der Eröffnung erst geraume Zeit nach dem geplanten Reiseantritt liegt. Zunächst ist dem Sachverständigengutachten der Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung zu entnehmen. Bei einem Eigenantrag des Schuldners behauptet dieser mit der Stellung des Insolvenzantrags das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes. Gibt der Schuldner hier selbst die Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund an, ist dies ein deutliches Indiz für die Zahlungsunfähigkeit.

 

Hinweis:

Der Beweis der Zahlungsunfähigkeit ist mit der Behauptung des Schuldners aber nicht geführt, da Zahlungsunfähigkeit ein juristisch zu beurteilender Rechtsbegriff ist.

Soweit der Schuldner zugleich einräumt, seine Zahlungen eingestellt zu haben, wird der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gesetzlich vermutet, § 17 Abs. 2 InsO. Dabei ist zu beachten, dass der Auftrag des Sachverständigen ausschließlich darin besteht, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der erwarteten Insolvenzeröffnung festzustellen (Uhlenbruck, InsO, § 16 Rn.10). Daher ist für den Sachverständigen nicht maßgeblich, ob und gegebenenfalls zu welchem früheren Zeitpunkt Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eingetreten ist. Da die Zahlungsunfähigkeit, jedenfalls theoretisch, nachträglich wieder wegfallen kann, kommt es aus Sicht des Sachverständigen ausschließlich auf das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der (geplanten) Insolvenzeröffnung an. Dessen ungeachtet können in dem Sachverständigengutachten Hinweise auf eine bereits länger bestehende Zahlungsunfähigkeit enthalten sein.

Der schlichte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (ohne weit...

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