Der persönliche Anwendungsbereich des NachwG wird erweitert. Die bislang geltende Ausnahme für Aushilfen, die für höchstens einen Monat eingestellt werden (§ 1 S. 1 NachwG a.F.), entfällt. Künftig gilt das Gesetz für alle Arbeitnehmer unabhängig von der Dauer ihrer Beschäftigung. Es gilt der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff, womit das Gesetz auch Anwendung auf Fremd-Geschäftsführer, Richter und Beamte findet (vgl. Oberthür ArbRB 2022, 221; offen Gaul/Pitzer/Pionteck DB 2022, 1833, 1834). Auch die Anforderungen an den Nachweis gegenüber Auszubildenden gem. § 11 BBiG wurden verschärft, obwohl dies im Gesetzgebungsprozess als durch die Arbeitsbedingungenrichtlinie zutreffend als nicht gefordert und deshalb überschießendes Moment des deutschen Gesetzgebers (sog. Gold Plating der Richtlinie) kritisiert worden ist.

Das neue NachwG konkretisiert und erweitert den Katalog der bisher schon nachweispflichtigen Tatbestände erheblich.

1. Neuerungen ab 1.8.2022

Zusammengefasst gibt es im NachwG ab dem 1.8.2022 folgende Neuerungen:

  • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist das Enddatum anzugeben, wenn eine Zeitbefristung vereinbart ist. Das heißt, die ausschließliche Angabe (z.B. „befristet für zwei Jahre”) ist unzureichend. Beachtung ist in diesem Zusammenhang Renteneintrittsklauseln zu schenken, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung zu dem Zeitpunkt regeln, in dem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht oder im Fall dauernder Erwerbsunfähigkeit. Entsprechende Vertragsklauseln stellen eine Befristung des Arbeitsverhältnisses dar. Wurde die Klausel in die schriftliche Arbeitsvertragsurkunde aufgenommen und diese dem Arbeitnehmer im Original unterschrieben ausgehändigt, ist ggf. im Sinne bestmöglicher Absicherung über das voraussichtliche Enddatum der Regelaltersrente zu informieren. Im Fall der dauerhaften Erwerbsunfähigkeit ist aufgrund der Ungewissheit des Eintritts des Ereignisses eine entsprechende Information nicht möglich. Welche Anforderungen die Rechtsprechung diesbezüglich stellt, bleibt abzuwarten.

    • Bei Grimm/Brock/Freh (ArbRB 2022, 8) findet sich folgender Klauselvorschlag: „Ist ein Enddatum oder die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag nicht geregelt, ist eine Befristung – mit Ausnahme der Befristung auf die Regelaltersgrenze – nicht vereinbart.”
    • Gaul/Pitzer/Pionteck DB 2022, 1833, 1835 empfehlen, bei einer Zeitbefristung auf das Datum zu verweisen, an dem der Vertrag ohne Ausspruch einer Kündigung endet. Bei einer auflösenden Bedingung ist das Ereignis, das zur Bedingung führen soll, aufzuzeigen. Falls eine Zweckbefristung erfolgt, muss neben dem Zweck auch auf die Frist des § 15 Abs. 2 TzBfG verwiesen werden.
  • Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG ist der Arbeitsort anzugeben oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf zu geben, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden oder seinen Arbeitsort frei wählen kann. Entsprechend ist bei Vereinbarung mobiler Arbeit anzugeben, dass der/die Arbeitnehmer:in seinen/ihren Arbeitsort frei wählen kann.

    • Gaul/Pitzer/Pionteck DB 2022, 1833, 1836 weisen auf das Risiko hin, dass bei einer beabsichtigten Versetzung an einen anderen Ort zugunsten des Arbeitnehmers ggf. vermutet werden kann, der Einsatz sei nur am bisherigen Arbeitsort möglich, wenn der Arbeitsvertrag zum Arbeitsort bzw. zu einem Versetzungsvorbehalt/-recht schweigt (vgl. Art. 15 Abs. 1 Buchst. a. RL 2019/1152/EU).
  • Zu dokumentieren ist die Dauer der Probezeit, sofern sie vereinbart ist. Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis muss die Probezeit zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit in einem angemessenen Verhältnis stehen.
  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden (Grundvergütung, etwaige Zuschläge, Sonderzahlungen, Zulagen, Prämien, etc.) müssen einschließlich Fälligkeit und Art der Auszahlung getrennt angegeben werden. Zu denken ist mit Blick auf zusätzliche zum Arbeitsentgelt zählende Leistungen insb. an Provisionen, Tantiemen, Gratifikationen, Arbeitgeberleistungen zur Altersvorsorge, Fahrgeldzuschüsse, Naturalleistungen und sonstige geldwerte Vorteile aus dem Arbeitsverhältnis (z.B. Dienstwagen, Dienstfahrrad, Dienstwohnung), weiterführend Gaul/Pitzer/Pionteck DB 2022, 1833, 1836 f.
  • Neben der vereinbarten Arbeitszeit müssen auch vereinbarte Ruhepausen und -zeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzung für eine Schichtänderung angegeben werden. Diese Hinweispflicht kann der Praxis Probleme bereiten, wenn sie so ausgelegt wird, dass konkrete Pausen- und Ruhezeiträume niederzulegen sind. Wie dies praktisch umsetzbar sein soll, bleibt offen. Gerade in Betrieben mit Schichtbetrieb oder bei Vertrauensarbeitszeit ändern sich die Pausenzeiten der Arbeitnehmer:innen fortlaufend und können daher zwingend logisch nicht im Voraus festgelegt werde...

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