Die Beschränkung der Wiedervermietungsmiete durch den Gesetzgeber gehört nicht gerade zu den Leuchtturmprojekten des Gesetzgebers. Das neue Regelungsregime sollte dazu beitragen, "der direkten und indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken" (BT-Drucks 18/3121, S. 15). Die praktische Bedeutung der Vorschriften ist aus der Sicht der Praxis trotz aller "Nachschärfungen" durch den Gesetzgeber immer noch verhältnismäßig gering. Dafür gibt es viele Ursachen. Ein Grund ist, dass die Regelungen wegen des Regel-Ausnahme-Prinzips und den Ausnahmen von den Ausnahmen für Mieter und Vermieter viel zu kompliziert sind.

1. Umfassende Modernisierung

So gilt die Beschränkung der Wiedervermietungsmiete nicht bei der ersten Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung. Der Begriff wird im BGB nicht definiert. Er wird regelmäßig in Anlehnung an § 16 WoFG ausgelegt. Auch nach Ansicht des BGH (BGH GE 2021, 237 = WuM 2021, 170 = NZM 2021, 220 = DWW 2021, 92 = NJW-RR 2021, 524 = ZMR 2021, 375 = MietPrax-AK § 556f BGB Nr. 2 mit Anm. Börstinghaus; Börstinghaus MietRB 2021, 71; Beyer jurisPR-MietR 6/2021 Anm. 1; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 7/2021 Anm. 2) ist eine Modernisierung von Wohnraum dann umfassend, wenn sie einen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt erscheinen lässt. Dies ist dann der Fall, wenn die Modernisierung einerseits im Hinblick auf die hierfür angefallenen Kosten einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und andererseits wegen der mit ihrem tatsächlichen Umfang einhergehenden qualitativen Auswirkungen zu einem Zustand der Wohnung führt, der demjenigen eines Neubaus in wesentlichen Teilen entspricht.

Das qualitative und das quantitative Element sind dabei von grds. gleichem Gewicht:

  • Bei der Prüfung der qualitativen Auswirkungen der Modernisierungsmaßnahmen, ist von maßgebender Bedeutung, ob die Wohnung durch die Arbeiten in mehreren – nicht notwendig allen – wesentlichen Bereichen (insb. Heizung, Sanitär, Fenster, Fußböden, Elektroinstallationen beziehungsweise energetische Eigenschaften) so verbessert wurde, dass die Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt ist.
  • Ein wesentlicher Bauaufwand liegt vor, wenn er mindestens ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen finanziellen Aufwands – ohne Grundstücksanteil – erreicht. Dabei zählen die Kosten für eine reine Erhaltungsmaßnahme nicht mit. Bei einer modernisierenden Instandhaltung ist bei der Berechnung des wesentlichen Bauaufwands ein zeitanteiliger Abzug der angefallenen Kosten insoweit vorzunehmen, als Bauteile oder Einrichtungen der Wohnung, die zwar noch nicht mangelhaft, aber bereits über einen erheblichen Anteil ihrer Lebensdauer abgenutzt sind, durch solche von besserer Qualität ersetzt werden. Insofern gelten die gleichen Grundsätze, die der BGH schon für die Modernisierungsmieterhöhung gem. § 559 BGB entwickelt hat (BGH WuM 2020, 493 = GE 2020, 1046 = MDR 2020, 1173 = NZM 2020, 795 = ZMR 2020, 925 = DWW 2021, 54 = MietPrax-AK § 559 BGB Nr. 8; dazu Beuermann GE 2020, 1018; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 19/2020 Anm. 2; Pfeifer MietRB 2020, 289; Beyer jurisPR-MietR 21/2020 Anm. 2; Bentrop WuM 2021, 79).

2. Staatshaftung

Die Mietpreisbremse gilt nicht bundesweit, sondern nur in den Gemeinden, die von der jeweiligen Landesregierung in eine entsprechende Landesverordnung aufgenommen wurden. Die Ermächtigungsgrundlage in § 556d Abs. 2 S. 5 BGB verlangt ausdrücklich eine Begründung, aus der sich ergibt, aufgrund welcher Tatsachen eine Gemeinde in die Verordnung aufgenommen wurde und warum in der Gemeinde ein angespannter Wohnungsmarkt existiert. Die Begründung und ihre Veröffentlichung sind Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Geltung der Mietpreisbremse (BGH GE 2019, 1029 = MDR 2019, 1051 = NZM 2019, 584 = NJW 2019, 2844 = DWW 2019, 333 = ZMR 2019, 845 = WuM 2019, 440 = MietPrax-AK § 556d BGB Nr. 1; dazu Beuermann GE 2019, 1004; Börstinghaus LMK 2019, 419557; Monschau MietRB 2019, 257; Börstinghaus NJW 2019, 2848; Börstinghaus jurisPR-BGHZivilR 19/2019, Anm. 1; Drasdo NJW-Spezial 2019, 610; V. Emmerich JuS 2019, 1113).

In der Vergangenheit wurde in zahlreichen Ländern durch Amts- und Landgerichte die jeweilige Landesverordnung wegen Mängeln der Begründung oder der Veröffentlichung für unwirksam erklärt. Amtshaftungsansprüche der Mietvertragsparteien wegen legislativen Unrechts, weil sie darauf vertrauten, dass die Landesregierungen nur rechtmäßige Verordnungen veröffentlichen, gibt es nicht (BGH GE 2021, 369 = WuM 2021, 251 = NZM 2021, 391 = MietPrax-AK § 839 BGB Nr. 1 mit Anm. Börstinghaus; Riecke MietRB 2021, 97; Itzel jurisPR-BGHZivilR 8/2021 Anm. 2; Drasdo NJW-spezial 2021, 290). Das gilt sowohl für Mieter, die nun Mieten nachzahlen und in Zukunft höhere Mieten monatlich zahlen müssen und vielleicht sogar Prozesskosten nutzlos aufgewandt haben, als auch für Vermieter, die im Vertrauen auf eine wirksame Begrenzung der Wiedervermietungsmiete eine niedrigere als am Markt durchsetzbare Miete...

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