(BGH, Urt. v. 5.4.2016 – XI ZR 440/15) • Außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlichen Sonderregelungen von § 35 Abs. 1 GBO, § 41 Abs. 1 S. 1 Schifffahrtsregisterordnung oder § 86 des Gesetzes über die Rechte an Luftfahrzeugen ist der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern kann den Nachweis auch in anderer Form erbringen, wozu neben öffentlichem und eigenhändigem Testament im Falle gesetzlicher Erbfolge auch die Vorlage von Urkunden, aus denen sich diese ergibt, gehören kann. Folglich kann eine Bank, die durchaus ein berechtigtes Interesse daran hat, in den Genuss der Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB zu kommen und so der aus der Risikosphäre des Gläubigers stammenden Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme zu entgehen, deshalb auch nicht bei einem eigenhändigen eröffneten Testament einschränkungslos oder auch nur im Regelfall auf die Vorlegung eines Erbscheins bestehen, wenn sich aus diesem die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweisen lässt. Eine gesteigerte Auslegungspflicht der Bank besteht insoweit aber nicht. Erst konkrete und begründetet Zweifel an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge berechtigen diese dazu, ergänzende Erklärungen einzuholen oder weiter unterlagen, wie z.B. das Familienstammbuch oder einen Erbschein zu verlangen. Hinweis: Im Streitfall machten die Kläger, die neben der beglaubigten Ablichtung des eigenhändigen Testaments eine beglaubigte Abschrift des Eröffnungsprotokolls (§ 2259 Abs. 1 BGB, § 348 Abs. 1 S. 2 FamFG) vorgelegt hatten, wegen der vertragswidrigen Forderung der Bank nach Vorlage eines Erbscheins entsprechende Schadensersatzforderungen erfolgreich geltend, so dass nunmehr auch diejenigen Bankkunden, die in der Vergangenheit einen Erbschein haben vorlegen müssen, ein Ersatzanspruch wegen der ihnen dafür entstandenen (Notar-)Kosten zumindest dann geltend machen können, wenn der Inhalt des öffentlichen/eigenhändigen Testaments keine Auslegungszweifel zuließ; eine AGB-Klausel der Sparkassen zu Erbnachweisen, derzufolge die Bank beim Tod des Kunden wählen darf, ob sie zur Klärung der Rechtsnachfolge die Vorlage eines Erbscheins, eines Erbvertrags oder die Eröffnungsverhandlung nebst beglaubigter Abschrift des eigenhändigen Testamts verlangt, hat der BGH als unwirksam beanstandet (Urt. v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, BGHZ 198, 250; zur erbrechtlichen Legitimation durch Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis, Testament oder Vollmacht s. Bredemeyer ZEV 2016, 65 ff.).

ZAP EN-Nr. 604/2016

ZAP F. 1, S. 891–891

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