I. Ausgangspunkt

Aus aktuellem Anlass der Insolvenzantragsverfahren mehrerer Firmen der "Unister"-Gruppe werden im Folgenden mögliche Ansätze einer anwaltlichen Beratung von Reisenden, die von der Insolvenz des Veranstalter bzw. Reisevermittlers betroffen sind, näher beleuchtet. Im Fokus stehen die rechtlichen Möglichkeiten des Mandanten, seinen wirtschaftlichen Schaden möglichst gering zu halten. Zu der Unternehmensgruppe gehören sowohl Internet-Reiseportale als auch Reiseveranstalter, die ihre Leistungen über diese Portale vermarkten.

II. Feststellung der Beteiligten

Zunächst sollte festgestellt werden, ob über das Vermögen des Reiseveranstalters und/oder des Reisevermittlers ein Insolvenzantragsverfahren anhängig ist oder sogar ein Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde und ggf. wer Reiseinsolvenzversicherer ist. Besteht, wie bei der "Unister"-Gruppe ein Geflecht aus mehreren Unternehmen, die bei Vermittlung und Durchführung von Reisen zusammenarbeiten und Onlineportale mit diversen Phantasie-Bezeichnungen betreiben, kann ein Blick in die Reisebestätigung (vgl. § 6 BGB-InfoV, die i.d.R. vom Vermittler per E-Mail übersendet wird) hilfreich sein, um nachzuvollziehen, wer zu den Vertragspartnern des Reisekunden zählt.

 

Praxishinweis:

Ob ein Insolvenz(antrags)verfahren anhängig ist und wer zum (vorläufigen) Insolvenzverwalter bestellt wurde, kann über das Internetportal der Justizbehörden www.insolvenzbekanntmachungen.de festgestellt werden. Für bessere Ergebnisse sollte die "Detail-Suche" verwendet werden.

Weiter ist festzustellen, ob die gebuchte Reiseleistung noch stattfindet. Dies kann zum einen über den Insolvenzverwalter und weiter bei einer Pauschalreise über den im Sicherungsschein benannten Reiseinsolvenzversicherer oder bei einer Einzelleistung beim ausführende Leistungsträger, z.B. der Fluggesellschaft oder dem Hotel, geschehen.

Da Reiseinsolvenzversicherer bei Eintritt eines Sicherungsfalls häufig selbst die Durchführung der Reise organisieren, um den eigenen Schaden gering zu halten, sollte dieser bei einer Pauschalreise der erste Ansprechpartner sein. Zu finden sind die Kontaktdaten auf dem Sicherungsschein (vgl. § 9 Abs. 3 BGB-InfoV), der mit der Reisebestätigung übergeben wird.

Bei größeren Insolvenzverfahren wird der Insolvenzverwalter für eine Information der Kunden über das Internet Sorge tragen (vgl. hier: www.unister.de/faq-insolvenz ), obgleich rechtliche Ausführungen stets hinterfragt werden sollten. Bei Betriebsfortführung ist eine Durchführung von Reisen auf Veranlassung des Insolvenzverwalters durchaus möglich und findet vorliegend offenbar auch statt.

III. Pauschalreise oder Einzelleistung

Bezüglich der rechtlichen Wirkungen ist zu differenzieren, ob eine Pauschalreise, also eine aus mehreren vom Veranstalter vorausgewählten, gebündelten Einzelleistungen bestehende Gesamtheit von Reiseleistungen (§ 651a Abs. 1 S. 1 BGB; vgl. Beispiele bei Führich, Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 5 Rn 6 ff.) oder eine Einzelleistung, z.B. ein Flug, gebucht wurde.

1. Anspruch gegen den Insolvenzversicherer

Findet die Reise nicht statt, stellt sich die Frage, wie der Mandant seine Zahlungen zurückerhalten kann.

Aufgrund europarechtlicher Vorgaben (Richtlinie 90/314/EWG vom 13.6.1990) besteht in Deutschland bei Pauschalreisen gem. § 651k BGB grundsätzlich die Pflicht des Veranstalters, den Reisenden als seinen Vertragspartner vor dem Risiko seiner eigenen Insolvenz abzusichern und ihm zum Nachweis zusammen mit der Reisebestätigung (vgl. § 6 BGB-InfoV) einen Reisepreissicherungsschein zu übergeben, der die Gestaltungsvorschriften des § 9 BGB-InfoV einhält. Der Reisende hat demgemäß einen eigenen direkten Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer im Sinne eines echten Vertrags zugunsten Dritter (Paland/Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 651k Rn 4), wobei die Insolvenzabsicherung i.d.R. über Versicherungsgesellschaften erfolgt (vgl. § 651k Abs. Abs. 1 S. 2 BGB); es liegt dann eine Versicherung für fremde Rechnung vor (§§ 43 ff. VVG).

 

Hinweis:

Der Anspruch des Reisenden gegen den Versicherer besteht bei Wirksamkeit des Sicherungsvertrags zwischen diesem und dem Veranstalter auch dann, wenn kein Sicherungsschein übergeben wurde; diesem kommt keine konstitutive Wirkung zu (BT-Drucks 14/5955, S. 17).

Leider gibt es nur freiwillige Sammlungen (vgl. www.reiserecht-fuehrich.de) jedoch keine behördlichen Positivlisten, aus denen man den Insolvenzabsicherer eines Veranstalters feststellen könnte. Lediglich die Beendigung des Sicherungsverhältnisses mit einem Veranstalter, ist dem zuständigen Gewerbeamt zu melden (Art. 238 Abs. 2 EGBGB).

Abzusichern sind der Anspruch des Reisenden auf Erstattung des gezahlten Reisepreises und ggf. notwendige Aufwendungen für die Rückreise soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. Nichteröffnung oder Einstellung mangels Masse über das Vermögen des Reiseveranstalters ausfallen (vgl. Einzelheiten zum Sicherungsfall: M. van Bühren ZAP F. 6, S. 511 ff.).

Erstattungsfähig sind nicht nur Zahlungen bei Ausfall von Reiseleistungen, sondern auch Rückerstattungsansprüche wegen Rücktritts d...

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