In zwei kürzlich ergangenen Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Reihe von landesrechtlichen Regelungen zur Richterbesoldung in Berlin und in Nordrhein-Westfalen für verfassungswidrig erklärt. Sie seien mit dem von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Alimentationsprinzip unvereinbar (BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020 – 2 BvL 4/18 u. 2 BvL 6/17, 2 BvL 8/17, 2 BvL 7/17).

In Berlin ging es um die Besoldung der Richter und Staatsanwälte der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in den Jahren 2009 bis 2015 sowie der Besoldungsgruppe R 3 im Jahr 2015. Hier ergebe, so die Verfassungsrichter, eine Gesamtschau der für die Bestimmung der Besoldungshöhe maßgeblichen Parameter, dass die Richterbesoldung in den von Haushaltskonsolidierungen geprägten Jahren evident unzureichend gewesen sei. Sie habe nicht genügt, um Richtern und Staatsanwälten nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung dieser Ämter für die Allgemeinheit einen der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Auch sei das Mindestabstandsgebot in den unteren Besoldungsgruppen durchgehend deutlich verletzt worden. Das Land Berlin habe auch nicht dargetan, dass die teilweise drastische Abkopplung der Besoldung der Richter und Staatsanwälte von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin Teil eines schlüssigen und umfassenden Konzepts der Haushaltskonsolidierung gewesen wäre, bei dem die Einsparungen – wie verfassungsrechtlich geboten – gleichheitsgerecht erwirtschaftet werden sollten.

In Nordrhein-Westfalen lag es etwas anders: Dort ging es um die Besoldung kinderreicher Richter und Staatsanwälte der Besoldungsgruppe R 2 in den Jahren 2013 bis 2015. Hier hätten, so die Verfassungsrichter, Vergleichsberechnungen gezeigt, dass die Besoldung der Richter und Staatsanwälte der Besoldungsgruppe R 2 in Bezug auf das dritte Kind im Jahr 2013 und in Bezug auf das dritte und vierte Kind in den Jahren 2014 und 2015 den verfassungsgebotenen Mindestabstand von 15 % zur Grundsicherung nicht eingehalten habe. Es sei nicht einmal der grundsicherungsrechtliche Gesamtbedarf für ein Kind durch die bei steigender Kinderzahl gewährten Nettomehrbeträge ausgeglichen worden.

Beide Landesgesetzgeber wurden vom Senat verpflichtet, bis Mitte nächsten Jahres für eine verfassungskonforme Neuregelung zu sorgen. Der Deutsche Richterbund (DRB) hat sich bereits lobend zu dem Karlsruher Spruch geäußert – es sei ein klares Signal an die Länder: "Die aktuelle Besoldungspolitik vieler Länder ist kurzsichtig und gefährdet die hohe Qualität der Justiz", sagten die DRB-Vorsitzenden Barbara Stockinger und Joachim Lüblinghoff im Juli in Berlin. Das BVerfG habe nun ein deutliches Signal gesendet: "Die Länder führen die Besoldung häufig zu hart an die Grenze der Verfassungswidrigkeit heran, anstatt Richter und Staatsanwälte dem Amt angemessen zu bezahlen."

Der DRB beklagt, dass Besoldungsbestandteile wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld für die Richter und Staatsanwälte in zahlreichen Bundesländern ganz oder zum überwiegenden Teil gestrichen worden sind. Ferner seien im Beihilfebereich immer wieder Kürzungen vorgenommen worden. Zudem wachse die Kluft zwischen den einzelnen Bundesländern: "Gerade im Wettbewerb um die besten Nachwuchsjuristen drohen manche Länder, den Anschluss zu verlieren", befürchtet der Richterbund.

[Quellen: BVerfG/DRB]

ZAP F., S. 837–842

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