Zum 1.1.2016 wurden die Zulassung von Unternehmensjuristen als Syndikusrechtsanwälte in §§ 46 ff. BRAO und die sich daran anschließende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht neu geordnet (vgl. näher Henssler/Deckenbrock DB 2016, 215; Offermann-Buckart AnwBl 2016, 125; Huff ZAP F. 23, 1045). Die zuvor angestrengten Verfassungsbeschwerden gegen die Syndikusurteile des BSG aus dem Jahr 2014 (Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 3/14 R; v. 3.4.2014 – B 5 RE 9/14 R; v. 3.4.2014 – B 5 RE 13/14 R), die das Gesetzgebungsverfahren erst ins Rollen gebracht hatten, konnten dadurch nur noch für Altfälle Bedeutung erlangen. Immerhin ist der am 22.7.2016 hierzu ergangenen Entscheidung des BVerfG (Az. 1 BvR 2534/14) aber als wichtige Klarstellung zu entnehmen, dass unter die "einkommensbezogenen Beiträge", deren Zahlung gemäß der Übergangsregelung in § 231 Abs. 4b S. 4 SGB VI als einzige zu einer rückwirkenden Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit auch vor dem 1.4.2014 berechtigen soll, Mindest- und Pflichtbeiträge nach den jeweiligen Satzungen der Versorgungswerke fallen (für die Zeit danach wird dies im Gesetz ausdrücklich festgestellt). Auch Unternehmensjuristen, die bereits vor dem 1.4.2014 Mitglied in Kammer und Versorgungswerk waren, können daher auf eine Rückzahlung ihrer an die DRV gezahlten Beiträge hoffen.

Durchaus bemerkenswert ist daneben eine erst im Mai 2017 bekannt gewordene Entscheidung des BSG vom Dezember 2016 (Urt. v. 15.12.2016 – B 5 RE 7/16 R). Anwälte, die bei Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften angestellt sind, können von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht selbst ohne gesonderte Zulassung als Syndikusrechtsanwalt befreit werden (s. hierzu Posegga NJW 2016, 1911). Das BSG wendet damit seine im April 2014 entwickelte Rechtsprechung auf diese Fallkonstellation nicht an, sondern geht davon aus, dass ein Rechtsanwalt, der als Angestellter bei einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für deren Mandanten tätig wird, anwaltliche Tätigkeiten erbringt, sofern die Rechtsberatung im Wesentlichen weisungsfrei erfolgt.

Hinzuweisen ist zudem auf drei Entscheidungen des AGH NRW aus dem Jahr 2016, in denen der Senat die Voraussetzungen der §§ 46 ff. BRAO zu präzisieren versucht hat. Der AGH wies in zwei Fällen die gegen die Zulassung sog. Schadenanwälte als Syndikusrechtsanwälte gerichteten Klagen der Deutschen Rentenversicherung Bund zurück (Urt. v. 28.10.2016 – 1 AGH 33/16; v. 28.10.2016 – 1 AGH 34/16, dazu Theus BB 2017, 73). Ein Unternehmensjurist, der im Rahmen seiner eigentlichen Tätigkeit die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, jedoch seit geraumer Zeit als Betriebsrat freigestellt ist, kann nach dem AGH NRW hingegen nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassen werden (Urt. v. 25.11.2016 – 1 AGH 50/16; Revision anhängig unter Az. AnwZ [Brfg] 12/17). Das sich aus dem Betriebsverfassungsrecht ergebende Benachteiligungsverbot des Betriebsratsmitglieds vermittle lediglich einen Schutzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber und nicht gegenüber der Rechtsanwaltskammer als Zulassungs- und Aufsichtsbehörde.

Alle drei Entscheidungen bezogen sich auf Personen, die nicht unmittelbar in der Rechtsabteilung ihres Unternehmens beschäftigt sind. Hier bereitet die Abgrenzung, ob eine rein sachbearbeitende Tätigkeit vorliegt oder tatsächlich i.S.d. § 46 Abs. 3 Nr. 1, 2 BRAO Rechtsfragen geprüft werden und Rechtsrat erteilt wird, fortwährend Schwierigkeiten, so dass weitere gerichtliche Streitigkeiten zu erwarten sind, bis sich eine einheitliche Rechtsprechungslinie herausgebildet hat. Insbesondere die letzte Entscheidung verdeutlicht, dass die Obergerichte sich nicht auf eine Prüfung dessen beschränken, was Arbeitsvertrag und innerbetriebliche Weisungen als Tätigkeitsbereich der fraglichen Person definieren, sondern allein die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit für maßgeblich erachten. Dies gilt auch für die seitens des Arbeitgebers zu gewährleistende Weisungsfreiheit des Syndikus als Ausdruck seiner fachlichen Unabhängigkeit (vgl. insofern AGH NRW, Urt. v. 7.10.2016 – 1 AGH 22/16, ZAP EN-Nr. 78/2017; v. 10.2.2017 – 1 AGH 20/16, ZAP EN-Nr. 306/2017).

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