Auf den Rechtsanwaltskammern lastet in letzter Zeit ein erhöhter Rechtfertigungsdruck gegenüber ihren Mitgliedern. Auffallend ist zunächst eine schwindende Akzeptanz gegenüber vermeintlich überhöhten und intransparenten Kammerausgaben. So musste die Zulässigkeit der durch die BRAK erhobenen Umlage für das 2016 eingeführte elektronische Anwaltspostfach sogar höchstrichterlich geklärt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2016 – AnwZ [Brfg] 52/16, ZAP EN-Nr. 167/2017). Ebenso verlangen die Mitglieder aber, dass einzelne Vorstandsentscheidungen gerechtfertigt werden: Generell kann über die Verwaltungstätigkeit der Rechtsanwaltskammern, unabhängig von einer eigenen Kammermitgliedschaft, jedermann Auskunft nach dem jeweils einschlägigen Landesinformationsfreiheitsgesetz (IFG) verlangen, weil es sich um juristische Personen des öffentlichen Rechts handelt (vgl. bereits AGH NRW, Beschl. v. 12.4.2013 – 2 AGH 13/12). Für die BRAK gilt hingegen das IFG des Bundes (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.5.2017 – OVG 12 N 72.16).

Der BGH (Urt. v. 20.3.2017 – AnwZ [Brfg] 46/15) hat auf die Klage eines Rechtsanwalts hin nunmehr entschieden, dass sich der aus dem IFG NRW resultierende Anspruch auf Akteneinsicht auch auf die protokollierten Ausführungen zum Beschlussgegenstand und abschließenden Beschlussergebnis einer Kammervorstandssitzung bezieht, ohne dass dem die in § 76 BRAO enthaltene Verschwiegenheitsverpflichtung der Vorstandsmitglieder entgegensteht. Dabei spielt der zum Teil erhebliche Umfang der Protokolle im Einzelfall (streitgegenständlich ging es um 646 Seiten) grundsätzlich keine Rolle. Demgegenüber bleiben die Vorstandsberatungen, d.h. der eigentliche Austausch von Argumenten, Kammermitgliedern weiterhin verschlossen, da andernfalls keine unbelastete Auseinandersetzung mehr möglich wäre.

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