a) Anhörung des Betroffenen

aa) Erweiterung der Kontrollbetreuung

Eine Kontrollbetreuung nach § 1396 Abs. 3 BGB kommt in Betracht, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Bevollmächtigte mit den anfallenden Geschäften überfordert ist oder gegen seine Redlichkeit oder Tauglichkeit Bedenken bestehen. Wie bei allen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingreifenden Maßnahmen im Betreuungsverfahren ist auch bei der Erweiterung der Kontrollbetreuung grundsätzlich eine vorherige Anhörung des Betroffenen geboten (vgl. Stollenwerk ZAP F. 11 R, S. 975, 929, 889). Von einer erneuten persönlichen Anhörung nach § 293 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FamFG kann nur abgesehen werden, wenn der Betroffene vor der erstmaligen Betreuerbestellung verfahrensfehlerfrei angehört worden ist und sich aus dem Erweiterungsbeschluss ergibt, unter welchen Umständen und mit welchem Ergebnis eine persönliche Anhörung des Betroffenen vor der erstmaligen Betreuerbestellung stattgefunden hat (vgl. BGH FamRZ 2016, 627; 2014, 828).

 

Hinweis:

Der BGH (FamRZ 2017, 556 = FuR 2017, 207 m. Bearb. Soyka) schränkt dies dahin ein, dass von einer erneuten persönlichen Anhörung nicht abgesehen werden kann, wenn die Erweiterung einer Kontrollbetreuung auf Erkenntnisse gestützt wird, die das Gericht erst nach der letzten persönlichen Anhörung des Betroffenen erlangt hat.

bb) Weigerung des Betroffenen

Da die Anhörung in Betreuungssachen nicht nur der Gewährung rechtlichen Gehörs, sondern auch der Sachverhaltsaufklärung dient, hat das Gericht vor Bestellung eines Betreuers die Anhörung des Betroffenen auch dann durchzusetzen, wenn der Betroffene sich weigert, zum Anhörungstermin zu erscheinen, es sei denn, die Vorführung des Betroffenen und deren zwangsweise Vollziehung ist ausnahmsweise unverhältnismäßig (vgl. BGH FamRZ 2015, 485 und 2014, 1543). Der BGH (FamRZ 2017, 142 = FamRB 2017, 24 m. Hinw. Locher) weist darauf hin, dass die Annahme einer Unverhältnismäßigkeit dann, wenn die Betreuung weite Lebensbereiche des Betroffenen abdeckt, allenfalls in Betracht kommt, wenn von der Vorführung und deren Durchsetzung negative Folgen erheblichen Ausmaßes für den Betroffenen zu erwarten wären, also insbesondere die sachverständig festgestellte Gefahr besteht, dass es durch die Vorführung zu erheblichen Nachteilen für die Gesundheit des Betroffenen käme.

cc) Rechtshilfe im Unterbringungsverfahren

Auch vor einer Unterbringungsmaßnahme hat das Gericht gem. § 319 Abs. 1 S. 1 FamFG den Betroffenen persönlich anzuhören und sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Im Beschwerdeverfahren gilt dies ebenfalls, wenn auch mit der Ausnahme nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG bei ordnungsgemäßer erstinstanzlicher Anhörung. Die Anhörung darf nur in eng begrenzten Ausnahmefällen im Wege der Rechtshilfe erfolgen, etwa wenn der Betroffene kommunikationsunfähig ist (vgl. BGH FamRZ 2016, 804). Der BGH (MDR 2017, 647) betont, dass das Gericht, wenn es von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, in seiner Entscheidung die Gründe hierfür in nachprüfbarer Weise darlegen muss.

b) Bekanntmachung eines Gutachtens

Die Verwertung eines Gutachtens als Grundlage einer Entscheidung im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren setzt gem. § 37 Abs. 2 FamFG voraus, dass das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Insoweit ist das Gutachten mit seinem vollen Wortlaut im Hinblick auf die Verfahrensfähigkeit des Betroffenen (§ 316 FamFG) grundsätzlich auch ihm persönlich zuzustellen. Der BGH (FamRZ 2017, 911) stellt klar, dass die Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger eine Bekanntgabe an den Betroffenen nicht ersetzt, denn der Verfahrenspfleger ist nicht dessen gesetzlicher Vertreter. Eine Ausnahme ist dann zuzulassen, wenn zu besorgen ist, dass die Bekanntgabe die Gesundheit des Betroffenen schädigen oder zumindest ernsthaft gefährden werde, und die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht.

Autor: RiAG a.D. Kurt Stollenwerk, Bergisch Gladbach

ZAP F. 11 R, S. 799–812

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