Das Gesetz sieht für die GbR eine Gesamtgeschäftsführung und -vertretung aller Gesellschafter vor (§§ 709 Abs. 1, 714 BGB). Im Ausgangspunkt dürfen dementsprechend nur alle Gesellschafter gemeinsam die Geschäfte der GbR führen und sie nach außen vertreten, was die Steuerungsfähigkeit der Gesellschaft erheblich einschränkt. Deshalb ist auch kleineren Gesellschaften unbedingt zu empfehlen, mittels einer gesellschaftsvertraglichen Regelung (vgl. § 710 BGB) einen geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Kanzleimanager einzusetzen und diesem die Büroorganisation, d.h. die Beschaffung von Büromaterialien, die Mitarbeiterverwaltung und das Kanzleimarketing, zu überantworten.

Wünschenswert für die Gesellschafter wäre es, wenn sich ein System getrennter Zuständigkeitsbereiche und gestaffelter Verantwortungen auch im beruflichen Bereich etablieren ließe. Schließlich besteht ein gemeinsames Interesse daran, dass nicht jeder Anwaltsvertrag die Zustimmung aller Gesellschafter voraussetzt, gleichzeitig aber auch angestellte Rechtsanwälte oder Juniorpartner nicht nach eigenem Gutdünken Gesellschaftsmandate akquirieren, bearbeiten und Honorarforderungen geltend machen können.

 

Hinweis:

Eine diesem Interesse entsprechende gesellschaftsvertragliche Klausel zu entwerfen, bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Zumindest eine Regelung, durch die einzelne Gesellschafter vollständig von der Geschäftsführung und Vertretung im beruflichen Bereich ausgeschlossen würden, wäre – wie sich insbesondere § 6 Abs. 2 PartGG entnehmen lässt – unzulässig. Auch einem bei der Gesellschaft angestellten Rechtsanwalt darf nicht jeglicher Mandantenkontakt verwehrt werden (vgl. BGHZ 65, 238).

Darüber hinausgehend wird von maßgeblichen Literaturstimmen vertreten, dass den GbR-Gesellschaftern hinsichtlich ihrer Berufsausübung sogar zwingend eine Einzelgeschäftsführungs- und -vertretungsbefugnis zukommen müsse (Brüggemann, in: Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl. 2016, § 59a Rn 16; Michalski/Römermann, a.a.O., B Rn 128 f.; v. Wedel, in: Hartung/Scharmer, BORA/FAO, 6. Aufl. 2016, Vor § 59c Rn 26 f.; Koch, Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten in Deutschland, 2004, S. 226 f., 229 f.). Andernfalls wäre das aus dem Unabhängigkeitspostulat (§§ 1, 43a BRAO und § 1 BORA) abzuleitende Gebot der rechtsanwaltlichen Weisungsfreiheit gefährdet (vgl. nur Michalski/Römermann, in: Henssler/Streck, a.a.O., B Rn 128 f.; Koch, a.a.O., S. 229 f.). Diese Position erweist sich bei näherer Betrachtung als unhaltbar: Unklar ist bereits, weshalb die zwingende Geschäftsführungs- und -vertretungsbefugnis auf der Grundlage der weitgehenden Literaturauffassung zwar Gesellschaftern, nicht aber Angestellten und freien Mitarbeitern der Gesellschaft zugutekommen sollte, obwohl auch für letztere unstreitig das Gebot der beruflichen Unabhängigkeit gilt (vgl. § 26 Abs. 1 S. 2 Buchst. a BORA). Konsequenterweise müsste man daher Angestellten und freien Mitarbeitern ebenfalls zugestehen, selbstständig Mandate der Gesellschaft begründen zu dürfen, was zur Folge hätte, dass zwischen Gesellschaftern und Angestellten kaum mehr zu differenzieren wäre. Zudem ist es gerade in größeren Berufsausübungsgemeinschaften organisatorisch und ökonomisch unabdingbar, die Mandatsakquise und -bearbeitung zentral steuern und begrenzen zu können (näher zum Ganzen Markworth, Scheinsozius und Scheinsozietät, 2016, S. 49 ff.; ders. NJW 2015, 2152, 2155 ff.; Henssler, Referat 71. DJT Bd. II, S. O 79 ff.).

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