Die 28-jährige Klägerin des hier darzustellenden Verfahrens zog die prinzipielle Wirksamkeit einer Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB – das KSchG war nicht anwendbar – nicht in Zweifel. Sie war jedoch der Auffassung, die Staffelung der Kündigungsfristen unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit begünstige ältere Arbeitnehmer, weil langjährig beschäftigte Arbeitnehmer naturgemäß älter seien. Jüngere Arbeitnehmer wie sie würden dagegen benachteiligt. Darin liege eine gem. § 21 Charta der Grundrechte (GRCh), konkretisiert durch die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG), untersagte mittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Dies habe zur Folge, dass die in § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 BGB vorgesehene längst mögliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats für alle Arbeitnehmer unabhängig von der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit gelten müsse.

Die Klage hatte keinen Erfolg (BAG, Urt. v. 18.9.2014 – 6 AZR 636/13, NZA 2014, 1400). Zwar führt die Differenzierung der Kündigungsfrist nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer. Die Verlängerung der Kündigungsfristen durch § 622 Abs. 2 S. 1 BGB verfolgt jedoch das rechtmäßige Ziel, länger beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere Fristen einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren. Zur Erreichung dieses Ziels, auch im Hinblick auf den Umstand, dass ungeachtet des Anstiegs der Erwerbstätigenquote älterer Arbeitnehmer das Alter selbst bei vorhandener Ausbildung nach wie vor ein Vermittlungshemmnis bedeutet, ist die Verlängerung auch in ihrer konkreten Staffelung angemessen und erforderlich i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Nr. i) RL 2000/78/EG. Darum liegt keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vor.

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