Den nach § 397a Abs. 1 StPO privilegierten Nebenklägern ist auf Antrag stets ein Beistand zu bestellen, auch wenn sie nicht bedürftig i.S.d. PKH sind, und ohne Rücksicht darauf, ob ihnen eine Eigenwahrnehmung zuzumuten ist oder ob sie ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können. Es handelt sich also um einen „kostenlosen Opferanwalt”.

Der Anspruch auf Bestellung eines anwaltlichen Beistands besteht bereits dann, wenn auch nur die geringe Möglichkeit besteht, dass der Angeklagte ein Delikt i.S.v. § 397a Abs. 1 StPO (wegen der Einzelh. des Katalogs der Anschlussberechtigung in § 397a Abs. 1 StPO Burhoff/Burhoff, EV, Rn 3200) begangen hat und seine Verurteilung deswegen in Betracht kommt bzw. die Verurteilung wegen einer Nebenklagestraftat rechtlich möglich erscheint (BGH NJW 1999, 2380; NStZ 2000, 552; NStZ-RR 2008, 353; OLG Hamm, Beschl. v. 9.3.2021 – 4 Ws 35/21; LG Kiel, Beschl. v. 26.1.2022 – 5 Qs 2722). Nicht relevant ist hingegen, ob die vorgeworfene Tat in der Anklage oder im Eröffnungsbeschluss als Nebenklagedelikt gewertet wurde. Auch nicht erforderlich ist ein dringender oder hinreichender Tatverdacht (OLG Celle StraFo 2017, 195, 196; OLG Hamm, a.a.O.; BT-Drucks 10/5305, S. 11). Die Beistandsbestellung kann nur dann ausscheiden, wenn bereits nach der Darstellung des Nebenklägers seine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung ausscheidet oder – nach allgemeinen Grundsätzen – die Wahrnehmung des Rechts der Beistandsbestellung rechtsmissbräuchlich ist (OLG Hamm, a.a.O.).

Die Beiordnung nach § 397a Abs. 1 StPO geht der nach Abs. 2 vor (BGH NJW 1999, 2380). Die Beiordnung nach Abs. 1 gilt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (BGH NJW 2000, 3222; StraFo 2008, 131; 2009, 349), also auch noch für die Revisions-Hauptverhandlung (BGH NJW 2000, 3222; Beschl. v. 10.8.2020 – 5 StR 616/19 [Ls.] für Erforderlichkeit der Reise des Nebenklägervertreters zur Revisions-Hauptverhandlung).

Die Beiordnung erstreckt sich nach h.M. nicht auf Tätigkeiten im Adhäsionsverfahren (BGH NJW 2001, 2486; StraFo 2008, 131; 2009, 349; OLG Hamm NStZ-RR 2001, 351; Burhoff in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Nr. 4143 VV Rn 17 f.). Insoweit muss nach § 404 Abs. 5 PKH beantragt werden. Deren Bewilligung gilt aber nur für die jeweilige Instanz (BGH, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 397a Rn 17b), sodass also ein neuer Antrag gestellt werden muss (BGH, a.a.O.; Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O.; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2015, 381).

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