Der Anfall der Terminsgebühr hing in beiden Fällen somit entscheidend davon ab, dass auch die zweite Voraussetzung für den Anfall der Terminsgebühr, nämlich eine vorgeschriebene mündliche Verhandlung, vorlag.

a) Argumentation des OLG Brandenburg

Das OLG Brandenburg hat dies bejaht, weil in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. §§ 49 ff. FamFG die mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG bestimme zwar, dass das Gericht im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung entscheiden könne und erst nach deren Erlass im Verfahren auf Aufhebung oder Änderung der einstweiligen Anordnung gem. § 54 Abs. 2 FamFG mündlich zu verhandeln sei. Gleichwohl sei das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht als ein Verfahren ohne vorgeschriebene mündliche Verhandlung anzusehen. Eine solche Auslegung würde nämlich – so das OLG Brandenburg – weder dem einheitlichen Charakter des familiengerichtlichen Eilverfahrens Rechnung tragen, noch würde dies dem Sinn und Zweck der Gebührenregelung in Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG entsprechen.

b) Argumentation des OLG Oldenburg

Das OLG Oldenburg hat ähnlich argumentiert. Zwar sei für den Zeitraum bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung gem. § 937 Abs. 2 ZPO eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben. Jedoch könnten die Parteien des Verfügungsverfahrens eine solche mündliche Verhandlung erzwingen, indem etwa nach Erlass eines ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschlusses nach Einlegung eines Widerspruchs die mündliche Verhandlung beantragt werden könne. Das OLG Oldenburg hat darauf hingewiesen, dass bereits die abstrakte Möglichkeit der Parteien genüge, eine mündliche Verhandlung zu erzwingen, um die Terminsgebühr nach Absatz 1 Nr. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG auszulösen. Diese Möglichkeit bestehe gerade im gegebenen Fall des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dort könne nämlich gem. §§ 936, 922 Abs. 1, 925 ZPO eine mündliche Verhandlung durch den Widerspruch gegen die im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung erzwungen werden.

 

Hinweis:

Beide Gerichte haben sich zur Stützung ihrer Auffassung auf die Entscheidung des BGH (RVGreport 2012, 59 [Hansens] = AGS 2012, 10 = JurBüro 2012, 137) gestützt, was jedoch nicht überzeugend ist. In jenem Verfahren vor dem BGH ging es um den Anfall einer Terminsgebühr für Besprechungen, den der BGH seinerzeit zu Unrecht auch davon abhängig gemacht hatte, ob in dem betreffenden Verfahren eine mündliche Verhandlung möglich war. Dies hat der BGH in jener Entscheidung für ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in einer Unterhaltssache nach dem damaligen Recht der ZPO bejaht. Somit war die für die Entscheidungen des OLG Brandenburg und OLG Oldenburg maßgebliche Frage, ob in einem solchen Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben war, nur ein Nebenaspekt.

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