In Fällen des § 142 StGB ist von einer Ungeeignetheit des Täters auszugehen, wenn er weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB.

aa) Bemerkbarkeit

Ein gängiger Einwand ist das Vorbringen, der Beschuldigte habe den Unfall gar nicht bemerkt und deshalb ohne Vorsatz gehandelt. Eine solche Vorgehensweise ist allerdings nicht ohne Risiko: Ein sorgfältig arbeitendes Gericht wird ihn zum Anlass nehmen, die Bemerkbarkeit des Unfalls durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Anhand solcher Gutachten gelingt in der Praxis häufig der Tatnachweis, so dass letztlich für den Beschuldigten nicht mehr herauskommt als Zeitverlust und zusätzliche Kosten.

 

Praxishinweis:

Mit einer fehlenden Bemerkbarkeit sollte daher nur dann argumentiert werden, wenn hierfür ausreichend erfolgversprechende Anhaltspunkte (z.B. gering erscheinender Schaden, nur ganz kurze und leichte Berührung der Fahrzeuge, Ablenkung des Beschuldigten durch äußere Einflüsse) vorhanden sind. Und selbst dann ist Vorsicht geboten: Wird der Vortrag, der Beschuldigte habe den Unfall nicht bemerkt, mit dessen gesundheitlichem oder psychischem Zustand oder gar – noch schlimmer – mit einer Beeinflussung durch Medikamente begründet, drohen strafrechtliche Weiterungen (§§ 315c Abs. 1 Nr. 1a und b StGB!) sowie Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 3 Abs. 1 StVG.

bb) Bedeutender Schaden

Die Wertgrenze, ab der ein bedeutender Schaden vorliegt, wird nach wie vor überwiegend bei 1.300 EUR festgesetzt (Fischer, a.a.O., § 69, Rn 29 m.w.N.). Versuche einzelner Gerichte, diese seit 2002 ständig herangezogene Wertgrenze höherzusetzen (so etwa LG Landshut DAR 2013, 588: 2.500 EUR), haben bislang kaum Nachahmer gefunden; allerdings hat sich das LG Braunschweig jüngst mit beachtlichen Argumenten für eine Anhebung auf immerhin 1.500 EUR ausgesprochen (Beschl. v. 3.6.2016 – 8 Qs 113/16).

Bei der Schadensberechnung sind nur Positionen zu berücksichtigen, die zivilrechtlich erstattungsfähig sind (OLG Hamm NZV 2011, 356). Umfasst werden Kosten für Reparaturen und ggf. Wiederbeschaffung, aber auch für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens (Fischer, a.a.O, § 69, Rn 27; a.A. König in: König/Hentschel/Dauer, a.a.O., § 69 StGB, Rn 17).

 

Hinweis:

Ist eine Reparatur noch nicht erfolgt, ist bei der Berechnung der Schadenshöhe vom Nettobetrag auszugehen (Burhoff, a.a.O., Rn 4324).

Ist die Grenze zum bedeutenden Schaden i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nur knapp überschritten, muss besonders sorgfältig geprüft werden, ob der Beschuldigte das Schadensausmaß erkannt hat oder zumindest hätte erkennen können. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass sich aus der nachträglichen Feststellung eines über der Grenze liegenden Schadens ohne weiteres ergibt, dass dessen Höhe auch bei laienhafter Betrachtung erkennbar war (Fischer, a.a.O., § 69, Rn 27).

Erforderlich ist vielmehr, dass der Beschuldige die objektiven Umstände, die zur Einordnung des Schadens als bedeutend führen, erkannt oder in vorwerfbarer Weise nicht erkannt hat. Hieran kann es beispielsweise fehlen, wenn der Schaden an der Unfallstelle eher geringfügig erscheint (leichte Streifschäden, "Parkrempler") und sich die tatsächliche Höhe erst später, etwa durch ein Sachverständigengutachten, herausstellt.

 

Hinweis:

Oftmals enthalten die Akten eine Schätzung des Schadens durch die Polizei. Eine solche Schätzung kann zwar nicht mit Ausführungen eines Sachverständigen gleichgesetzt werden, gleichwohl kann sie für den Beschuldigten hilfreich sein. Gehen etwa erfahrene, tagtäglich mit Verkehrsunfällen und deren Folgen befasste Polizeibeamte von einem 700 EUR nicht übersteigenden Schaden aus, ist es dem Beschuldigten nicht vorzuwerfen, wenn auch er nicht von einem bedeutenden Schaden ausgeht (vgl. LG Krefeld, Beschl. v. 23.3.2016 – 21 Qs 13 Js 170/16).

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