Befindet sich der Beschuldigte nicht in Untersuchungshaft, sondern mindestens drei Monate in einer Anstalt i.S.d. § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO, kann die Beiordnung schon vor dem Ablauf von drei Monaten beantragt und vorgenommen werden, wenn sich abzeichnet, dass die Hauptverhandlung nicht vor Ablauf dieser Frist beginnen wird (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 2015, § 140 Rn. 15 [im Folgenden Meyer-Goßner/Schmitt]).

 

Hinweis:

Befindet sich der Mandant in anderer Sache in einer Anstalt, darf in einem neuen Ermittlungsverfahren eine Beiordnung gem. §§ 141 Abs. 3, 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO nicht mit der Begründung verweigert werden, es sei eine Verfahrenserledigung im Strafbefehlswege beabsichtigt, wenn zu erwarten ist, dass der Beschuldigte Einspruch einlegt und deshalb die Durchführung einer Hauptverhandlung wahrscheinlich ist (LG Berlin StraFo 2013, 285). Es empfiehlt sich deshalb, ggf. bereits frühzeitig darauf hinzuweisen, dass eine Verfahrenserledigung im Strafbefehlswege nicht akzeptiert werden wird.

§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO ist insbesondere einschlägig, wenn sich der Angeklagte in anderer Sache in Strafhaft befindet oder wenn er eine Jugendstrafe verbüßt. Darüber hinaus gilt die Vorschrift entsprechend, wenn sich der Angeklagte nach Zurückstellung der Strafvollstreckung gem. § 35 BtMG oder zum Zwecke des Alkoholentzugs in einer stationären Einrichtung befindet (SSW-StPO/Beulke, § 140 Rn. 27).

Gemäß § 140 Abs. 3 StPO kann die Verteidigerbestellung aufgehoben werden, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird. Jedoch gilt auch hier, dass das Ende der Unterbringung nicht zwingend zur Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung führt, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht. Bestehen die auf der Inhaftierung beruhenden Einschränkungen der Verteidigungsmöglichkeiten fort, was nach der Rechtsprechung mancher Oberlandesgerichte i.d.R. der Fall ist (z.B. OLG Celle StV 2011, 84), bleibt es trotz der Entlassung des Angeklagten bei der Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Verteidigers.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge