I. Zwangsvollstreckung

1. Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen

Ebenso wie das Insolvenzverfahren ist auch die Einzelzwangsvollstreckung ein staatliches Verfahren. Sie dient der zwangsweisen Durchsetzung oder Sicherung von privatrechtlichen Leistungsansprüchen des Gläubigers gegen den Schuldner. Obwohl das zivilprozessuale Zwangsvollstreckungsrecht dem öffentlichen Recht angehört, ist das Vollstreckungsverfahren von der ZPO als Parteiverfahren zwischen Gläubiger und Schuldner und damit als kontradiktorisches Verfahren ausgestaltet. Der Titelinhaber ist befugt, seinen privatrechtlichen Leistungsanspruch, der sich aus den Urteilen der Zivilgerichte oder aus einem der in § 794 ZPO genannten Vollstreckungstiteln ergibt, mit konkurrierenden Gläubigern durchzusetzen. Es gilt das Prinzip des ersten Zugriffs auf das gesamte Vermögen des Schuldners (Prioritätsgrundsatz). Haben mehrere Gläubiger in denselben Gegenstand vollstreckt, so werden sie aus dem Erlös in der Reihenfolge des Zugriffs befriedigt (§ 804 Abs. 3 InsO).

2. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen

Die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen des Schuldners ist im Einzelnen in der ZPO geregelt ist. Sie kann gem. § 866 ZPO durch

  • Zwangsversteigerung,
  • Zwangsverwaltung und
  • Eintragung einer Zwangshypothek, die allein der Sicherung des vollstreckenden Gläubigers dient,

erfolgen. Während die letztgenannte Vollstreckungsmöglichkeit im 8. Buch der ZPO (§ 864) geregelt ist, sind die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung wegen des Umfangs der erforderlichen Vorschriften in einem besonderen Gesetz, dem Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG), zuletzt geändert durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011 (BGBl. I, S. 2582), normiert.

 

Hinweis:

§ 869 ZPO zeigt aber, dass auch diese Rechtsinstitute als Teil des 8. Buchs anzusehen sind, so dass grundsätzlich die Vorschriften der ZPO über die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und die Rechtsbehelfe gegen die Vollstreckung Anwendung finden.

a) Zwangsversteigerung

Wie jede Vollstreckungsart setzt auch die Zwangsversteigerung voraus, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen. Sie soll, wenn durch Schutzmaßnahmen dem Schuldner sein Eigentum an einer Immobilie nicht erhalten werden kann, durch bestmögliche zwangsweise Verwertung eine möglichst große Anzahl an Gläubigeransprüchen befriedigen.

b) Zwangsverwaltung

Im Gegensatz zur Zwangsversteigerung dient die Zwangsverwaltung dazu, den titulierten Anspruch des Gläubigers nicht durch, sondern ohne Verwertung des Grundstücks aus den Grundstückserträgen zu befriedigen. Sie empfiehlt sich vor allem für Gläubiger mit persönlichen, nicht dinglichen Titeln, die bei einer hohen Belastung des Grundstücks mit Grundpfandrechten mit ihren Forderungen bei einer Zwangsversteigerung ausfallen würden. Ebenso wie bei einer Zwangsversteigerung führt auch bei der Zwangsverwaltung die entsprechende gerichtliche Anordnung zu einer Beschlagnahme des Grundstücks, die dem Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vollstreckungsobjekt entzieht.

c) Eintragung einer Zwangshypothek

Die in §§ 866, 867 ZPO geregelte Zwangshypothek dient der dinglichen Sicherung einer titulierten Forderung, die mindestens 750,01 EUR betragen muss (§ 866 Abs. 3 S. 1 ZPO). Zuständig für die Eintragung ist das Grundbuchamt (§ 867 Abs. 1 ZPO), das durch den Rechtspfleger entscheidet (§ 3 Nr. 1h RPflG). Die Zwangshypothek verschafft dem vollstreckenden Gläubiger ein Sicherungsrecht, aus dem er dinglich die Versteigerung betreiben kann. Die Eintragung im Grundbuch setzt einen Antrag des Gläubigers voraus (§ 13 Abs. 1 GBO). Der Schuldner muss als Eigentümer im Grundbuch eingetragen (§ 39 GBO), oder, was nachzuweisen ist, dessen Erbe sein (§ 40 GBO). Mit der Eintragung der Zwangshypothek im Grundbuch entsteht eine Sicherungshypothek (§ 867 Abs. 1 ZPO).

3. Reformen

Das Zwangsvollstreckungsrecht ist in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand tiefgreifender Änderungen gewesen. So ist am 1.7.2010 das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7.7.2009 (BGBl. I, S. 1707) in Kraft getreten. Nach der bis dahin geltenden Gesetzeslage führte die Pfändung des Kontos des Schuldners zu einer Kontosperrung durch die kontoführende Bank. Zahlungen des täglichen Lebens waren dann nicht mehr möglich, bis der Schuldner die gerichtliche Freigabe von unpfändbaren Lohneingängen erwirkt hatte. Das wurde durch die Einführung des sog. P-Kontos geändert. Dabei handelt es sich nicht um ein eigenständiges Bankkonto. Vielmehr hat der Verbraucher die Möglichkeit, nach Absprache mit seiner Bank, das bestehende Konto als Pfändungsschutzkonto zu führen. Ein Anspruch auf die Einrichtung eines neuen P-Kontos besteht nicht, auf eine Umwandlung eines bestehenden Kontos in ein P-Konto jedoch schon. Durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.7.2009 (BGBl. I, S. 2258) wurde das Zwangsvollstreckungsrecht zum 1.1.2013 in wichtigen Punkten erneuert. Das Gesetz vereinfacht die Zwangsvollstreckung in Forderungen und trennt die Sachaufklärung von den Rechtsfolgen einer ergebnislosen Vollstreckung. Es erleichtert die Informationsbeschaffung für den Gläubi...

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