1. Bußgeldbescheid

Nach der Rechtsprechung des OLG Hamm (zfs 2010, 351 = StRR 2010, 197 = VRR 2010, 273) muss sich dem Bußgeldbescheid entnehmen lassen, dass bei der dem Betroffenen zur Last gelegten Fahrt eine solche Konzentration eines berauschenden Mittels vorgelegen hat, dass die Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheint (vgl. dazu II. 2.). Ist das nicht der Fall, ist der Bußgelbescheid nicht ausreichend begründet. Ob die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch dann unwirksam ist, ist fraglich (vgl. dazu Burhoff VRR 2010, 273 = StRR 2010, 197 jew. in der Anm. zu OLG Hamm a.a.O.). Das OLG Hamm hat das in einem "klarstellenden" Beschluss verneint (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 7.3.2014 – 3 RBs 49/13 unter Hinweis auf BGHSt 23, 336 = NJW 1970, 2222; OLG Hamm MDR 1070, 700; OLG Düsseldorf MDR 1970, 699; s. dazu a. OLG Celle zfs 2015, 647 = VRR 2/2015, 2 [Ls.]).

2. Verjährungsfragen

In der Praxis sind die Fragen der Verjährung von Bedeutung. Insoweit gilt auch bei § 24a Abs. 2 StVG eine Besonderheit. Es gilt nämlich nicht die kurze Verjährungsfrist des § 26 Abs. 3 StVG, da diese Vorschrift ausdrücklich nur die Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG nennt. Deshalb gelten die allgemeinen Regeln des OWiG und zwar § 31 Abs. 2 Nr. 3 und 4 OWiG. Das bedeutet, dass vorsätzliche Verstöße gegen § 24a Abs. 1 StVG nach Erhöhung der Geldbußen zum 1.2.2009 gem. § 24a Abs. 4 StVG, § 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG erst nach zwei Jahren verjähren (nach früherem Recht bereits nach einem Jahr, OLG Düsseldorf DAR 1983, 366; OLG Frankfurt NStZ 2002, 17), fahrlässige hingegen nach § 24a Abs. 4 StVG, §§ 17 Abs. 231 Abs. 2 Nr. 3 OWiG bereits nach einem Jahr (nach früherem Recht bereits nach 6 Monaten BayObLG NZV 1999, 476; OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm BA 2005, 264; OLG Koblenz VRS 71, 209; a.A. offenbar OLG Jena VRS 109, 24).

 

Hinweis:

Die Verjährung hinsichtlich der Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG wird auch dann durch den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls, Anberaumung einer Hauptverhandlung und den Erlass eines erstinstanzlichen Urteils unterbrochen, wenn sich die Unterbrechungshandlungen auf eine Straftat nach § 316 StGB beziehen (KG, Beschl. v. 6.2.2002 – [3] 1 Ss 392/01 [11/02]). Entsprechendes gilt für die Anklageerhebung hinsichtlich eines Delikts nach § 316 StGB (KG, Beschl. v. 20.2.2002 – [3] 1 Ss 32/02 [20/02]).

3. Bestimmungsmäßige Einnahme im Krankheitsfall

Bei der Verteidigung gegen den Vorwurf einer Drogenfahrt darf § 24a Abs. 2 S. 3 StVG nicht übersehen werden. Danach ist schon der Tatbestand des § 24a Abs. 2 StVG nicht erfüllt, wenn die im Blut nachgewiesene Substanz auf der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels beruht. Es muss sich aber um die Einnahme in einem konkreten Krankheitsfall handeln, die Einnahme muss auf einer ärztlichen Verordnung beruhen und das Arzneimittel darf nicht missbräuchlich und nicht überdosiert verwendet werden (vgl. Hentschel/König/Dauer/König, § 24a Rn 22; Jagow VD 1998, 70).

4. Messtoleranz

Ein Verteidigungsansatz bietet sich ggf. bei den o.g. "Grenzwerten". Die Werte der Grenzwertkommission (vgl. oben II. 2. c) müssen nämlich sicher nachgewiesen sein, so dass sich im Verfahren die Frage einer möglichen Messtoleranz stellen kann. Diese Frage haben bisher sowohl das BVerfG als auch die Grenzwertkommission offen gelassen (vgl. den Hinweis von Bönke NZV 2005, 273 in der Anm. zu BVerfG NJW 2005, 349 = VRR 2005, 34; s. dazu aber Eisenmenger NZV 2006, 24, 26). Das gilt insbesondere für den niedrigen THC-Wert. Gerade hier kann es sich empfehlen, den gemessenen Wert kritisch zu hinterfragen (vgl. aber OLG Hamm, Beschl. v. 6.1.2011 – 5 RBs 182/10; OLG Karlsruhe NZV 2007, 248 = VRR 2007, 273; OLG München NJW 2006, 1606 = DAR 2006, 287 = VRR 2006, 276; OLG Saarbrücken NJW 2007, 309 = VRS 112, 54, wonach Zuschläge für Messungenauigkeiten nicht erforderlich sein sollen; so wohl auch Geppert DAR 2008, 128; zur Verlässlichkeit der festgestellten Konzentrationswerte s. Wehner NZV 2007, 498).

 

Hinweis:

Das BVerwG geht allerdings inzwischen davon aus, dass dann, wenn der THC-Gehalt in einer Blutprobe lege artis nach den Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie ermittelt wird, ein "Sicherheitsabschlag" vom gemessenen Wert für unvermeidbare Messungenauigkeiten nicht erforderlich ist (BVerwG NJW 2015, 2439 = DAR 2014, 711 = zfs 2015, 173 = VRR 3/2015, 13).

5. Zusammentreffen mit BtM-Delikt

Von praktischer Bedeutung ist schließlich noch der Umstand, dass im Zuge der bei einer polizeilichen Kontrolle entdeckten Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG im Fahrzeug oftmals Betäubungsmittel gefunden werden, was jedenfalls eine Straftat des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG darstellt. Die Rechtsprechung zum Verhältnis dieser Taten zueinander ist im Fluss. In dem Zusammenhang hatte der BGH (NStZ 2009, 705, 706 = VRR 2009, 391 m. Anm. Gübner) auf der Grundlage von BGH NStZ 2004, 694 (= NZV 2005, 52 = DAR 2005, 223 m. Anm. Bohnen NStZ 2005, 696) entschieden, in solchen Fällen liege eine prozessuale Tat nur dan...

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