Zu einer – in aller Regel deutlichen – Reduzierung des bei der Tagessatzbemessung heranzuziehenden Nettoeinkommens führen Unterhaltspflichten des Angeklagten. Diese hat das Gericht zwingend zu berücksichtigen, ein Ermessen hinsichtlich des "Ob" des Abzugs besteht nicht.

 

Hinweis:

Voraussetzung ist aber, dass die Unterhaltszahlungen tatsächlich geleistet und nicht nur vom Angeklagten geschuldet werden (Fischer, a.a.O., § 40 Rn 14).

In welcher Weise die Berücksichtigung der Unterhaltslasten erfolgt, ist letztlich dem Tatrichter überlassen. Ihm steht hinsichtlich des "Wie" der Anrechnung ein Ermessen zu. Er kann sich etwa an der Düsseldorfer Tabelle orientieren oder an unterhaltsrechtlichen Vorschriften. Zudem ist in der Rechtsprechung auch die Möglichkeit pauschaler prozentualer Abzüge anerkannt (BGH, Beschl. v. 26.9.2007 – 2 StR 290/07). Angemessen erscheinen 25 % Abzug für den nicht berufstätigen Ehepartner sowie 15 % für jedes unterhaltsberechtigte Kind, insgesamt jedoch nicht mehr als 50 % (KG VRS 126, 97; Fischer, a.a.O., § 40 Rn 14). Teilweise werden auch 20 % für den nicht berufstätigen Ehepartner und jeweils 10 % für unterhaltsberechtigte Kinder vorgeschlagen (Schäfer/Sander, a.a.O., Teil 2, Rn 121).

Bei voll berufstätigen Ehepartnern kommt dagegen ein Abzug vom Nettoeinkommen des Angeklagten grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Abweichung hiervon kann angezeigt sein, wenn der Ehepartner zwar eigene Erwerbseinkünfte erzielt, diese aber für sich betrachtet und im Verhältnis zu jenen des Angeklagten so gering sind, dass es auf der Hand liegt, dass der Beitrag des Angeklagten zum Unterhalt der gesamten Familie deutlich höher ist und er auch im Verhältnis zum Ehepartner tatsächlich Unterhaltsleistungen in Form eines Naturalunterhalts erbringt (OLG Braunschweig NStZ-RR 2016, 167). Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn der Partner lediglich in Teilzeit oder auf geringfügiger Basis beschäftigt ist und der Angeklagte deshalb den Hauptanteil zum Gesamtunterhalt der Familie beiträgt.

Die Urteilsgründe müssen eine Ermessensüberprüfung durch das Revisionsgericht ermöglichen. Bewegt sich der Tatrichter bei der Berücksichtigung der Unterhaltspflichten im Rahmen des Vertretbaren, hat das Revisionsgericht das Ergebnis hinzunehmen. Dessen Prüfung beschränkt sich darauf, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausreichend festgestellt und rechtsfehlerfrei berücksichtigt worden sind. (OLG Braunschweig a.a.O.).

Nicht jeder Fehler, der dem Tatrichter bei der Berücksichtigung der Unterhaltspflichten (oder anderer abzugsfähiger Belastungen) unterläuft, führt zwingend zur Aufhebung und Zurückverweisung. Enthält das Urteil insoweit ausreichende Tatsachenfeststellungen, kann das Revisionsgericht gem. § 354 Abs. 1a S. 2 StPO in der Sache selbst entscheiden und die Tagessatzhöhe angemessen herabsetzen. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein Antrag der Staatsanwaltschaft.

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