Der Beschuldigte hat auch bei einer Beiordnung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO das Recht, von einem "Anwalt seines Vertrauens" verteidigt zu werden (vgl. dazu die Gesetzesbegründung in der BT-Drucks 16/12098, S. 31 f. zur Regelung in § 142 Abs. 1 S. 1 StPO; Burhoff, EV, Rn 2765 ff.). Das bedeutet, dass der Beschuldigte die Möglichkeit haben muss, Kontakt – ggf. über den anwaltlichen Notdienst – aufnehmen zu können (s.a. Corell StraFo 2011, 34). Die nach § 142 Abs. 1 S. 1 StPO zu bestimmende Frist darf also nicht zu kurz bemessen werden (vgl. OLG Düsseldorf StV 2010, 350 = StRR 2010, 222 m. Anm. Burhoff). Insoweit gilt: In der Regel wird dem Beschuldigten der von ihm benannte "Anwalt des Vertrauens" beizuordnen sein, es sei denn, es stehen "wichtige Gründe" entgegen (vgl. dazu D. Herrmann StraFo 2011, 133, 138; Heydenreich StraFo 2011, 263, 264 ff.; zum Ablauf des Verfahrens auch Wohlers StV 2010, 151, 153 ff.; s.a. Burhoff, EV, Rn 2768).

 

Hinweis:

Für den Ermittlungsrichter besteht ggf. eine Erkundigungspflicht, ob bei der Staatsanwaltschaft eine Erklärung des Beschuldigten, welchen Verteidiger er wünscht, vorliegt (LG München I StV 2015, 26).

Benennt der Beschuldigte keinen Pflichtverteidiger, kann/muss das Gericht einen Verteidiger auswählen. Dabei hat es sein Ermessen pflichtgemäß auszuüben und muss sich an sachlichen und fachlichen Kriterien ausrichten (D. Herrmann StraFo 2011, 133, 138; Heydenreich StraFo 2011, 263, 268 f.; Wohlers StV 20110, 151, 155; zur Beiordnungspraxis krit. Jahn 2014, 177, 188 f.; Lammer AnwBl. 2013, 325). Das Auswahl und Benennungsrecht des Beschuldigten darf i.Ü. nicht dadurch umgangen werden, dass der Ermittlungsrichter ohne vorherige Anhörung des Beschuldigten einen von ihm ausgewählten Verteidiger zu einem Vorführtermin bestellt, diesen dann im Rahmen der Vorführung des Beschuldigten beiordnet, den Beschuldigten aber über sein Auswahl- und Benennungsrecht im Unklaren lässt (LG Siegen/AG Arnsberg StRR 2012, 104 m. Anm. Nobis).

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