ZAP 12/2016, Abgasskandal: Manipulierte Abgassoftware als Mangel

(LG Münster, Urt. v. 14.3.2016 – 11 O 341/15) • Ein Durchschnittskäufer eines Neufahrzeugs kann davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nicht nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insb. der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen (Prüfstandlauf) gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält. Dem Käufer steht wegen der Mangelhaftigkeit des Pkws ein Anspruch auf Mangelbeseitigung zu. Hinweis: Das vorliegende Urteil ist ein weiterer Baustein in der juristischen Aufarbeitung der VW-Abgasaffäre. Auch das LG Bochum hat jüngst entschieden, dass ein mit einer "Schummelsoftware" ausgestattetes Fahrzeug mangelhaft, dieser Mangel jedoch nicht so erheblich ist, dass er einen Anspruch auf Rücktritt begründen könnte (LG Bochum, Urt. v. 16.3.2016 – 2 O 425/15, ZAP EN-Nr. 359/2016). Demgegenüber hat das LG München am 17.5.2016 (n.v.) entschieden, dass die Nichteinhaltung der gesetzlichen Grenzwerte einen erheblichen Mangel darstellt, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Es sei unzumutbar, mehr als sechs Monate auf die Nacherfüllung zu warten. Im VW-Abgas-Skandal hat damit erstmals ein Gericht einen Autohändler dazu verpflichtet, das manipulierte Fahrzeug zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten. Zur Abgas-Problematik stehen darüber hinaus weitere Entscheidungen an. Am LG Braunschweig sind im Zuge des Abgas-Skandals bislang 46 Klagen von Autobesitzern eingereicht worden.

ZAP EN-Nr. 432/2016

ZAP 12/2016, S. 614 – 614