In den vergangenen Monaten waren zahlreiche Amazon-Händler von Abmahnungen betroffen. Hintergrund war, dass das LG Köln beispielsweise mit Urteil vom 24.6.2014 (33 O 21/14) entschieden hatte, dass Amazon-Händler für Wettbewerbsverstöße, die von Amazon auf deren Handelsplattform begangen werden, vollständig haften (ebenso: LG Bochum, Urt. v. 26.11.2014 – 13 O 129/14). Amazon-Händler könnten sich auf die Haftungsprivilegierung für fremde Inhalte nicht berufen. In dem konkreten Fall hatte Amazon eine veraltete unverbindliche Preisangabe (UVP) verwendet. Diese Sichtweise hat das OLG Köln mit Beschluss vom 23.9.2014 (6 U 115/14) bestätigt. Amazon stellte jedoch ungeachtet dessen weiterhin die falsche UVP bereit, die der betroffene Händler aufgrund des Amazon-Systems zwangsläufig nutzen musste. In dem daraufhin eingeleiteten Ordnungsmittelverfahren verhängte das LG Köln mit Beschluss vom 4.9.2014 (81 O 87/13 SH) ein Ordnungsmittel. Das Gericht begründete dies damit, ein Händler müsse dafür Sorge tragen, dass seine Angebote bei Amazon rechtskonform seien. Auch diese Sichtweise bestätigte das OLG Köln mit Beschluss vom 10.12.2014 (6 W 107/14).

Das OLG Hamm vertrat in einem Verfahren zum Aktenzeichen I-4 U 154/14 betreffend die Weiterempfehlungsfunktion von Amazon in der mündlichen Verhandlung die gleiche Rechtsansicht. Es äußerte sich dahingehend, der Online-Händler müsse dafür Sorge tragen, dass er auf jedweder Handelsplattform rechtmäßig agiert. Online-Händler könnten sich nicht darauf berufen, dass der Plattformanbieter (hier: Amazon) rechtswidrige Funktionen, z.B. die Weiterempfehlungsfunktion, bereit stelle. Wenn ein Online-Händler nach eigenen Angaben keine Einwirkungsmöglichkeit auf den Plattformbetreiber habe, müsse er entsprechende Konsequenzen hieraus ziehen. Ziehe er diese Konsequenzen nicht, müsse er entsprechend für die Wettbewerbsverletzung haften. Das OLG Hamm musste diesen Fall letztlich aber nicht entscheiden, da sich die Parteien nach der mündlichen Verhandlung einigten. Das LG Arnsberg vertrat in einem Beschluss vom 18.2.2015 (8 O 99/14) dieselbe Ansicht (vgl. betreffend eines Grundpreisangabenverstoßes auf eBay ebenso LG Bochum, Urt. v. 29.10.2014 – 13 O 159/14).

Letztlich betrifft diese Rechtsprechung nicht nur rechtswidrige Funktionen bzw. Angaben auf Amazon, sondern jedwede rechtswidrige Gestaltung, die auf jedweder Internet-Verkaufsplattform von dem Betreiber bereitgestellt wird. Hieraus ergibt sich, dass sich Online-Händler vor Gericht – unabhängig von der von ihnen gewählten Handelsplattform – nicht erfolgreich darauf berufen können, dass der Plattformbetreiber gesetzeswidrig handele und sie keine Einwirkungsmöglichkeit auf den Plattformbetreiber hätten. Wer als Online-Händler erkennt, dass er sich in Folge des Systems des Plattformbetreibers rechtswidrig verhält, muss – sofern er unter keinen Umständen rechtlich belangt werden will – den Handel auf dieser Plattform einstellen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge