Auch im Jahr 2020 (vgl. bereits Deckenbrock/Markworth ZAP 2020, 7, 13) hat der Anwaltssenat Stellung zum Merkmal der „Tätigkeit in Angelegenheiten des Arbeitgebers” genommen. § 46 Abs. 5 BRAO sieht der Senat bekanntlich nicht lediglich als Beschränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis, sondern neben § 46 Abs. 24 BRAO als weitere tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusanwalt an (vgl. auch BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 23/19, ZAP EN-Nr. 373/2020; Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 81/18, ZAP EN-Nr.374/2020; Urt. v. 9.3.2020 – AnwZ [Brfg] 1/18, Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ [Brfg] 71/18). Eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers soll dabei keine Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers darstellen, selbst wenn sich dieser zu einer Beratung des Kunden verpflichtet hat (nun erneut BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 23/19, ZAP EN-Nr. 373/2020; Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 81/18, ZAP EN-Nr.374/2020; Urt. v. 9.3.2020 – AnwZ [Brfg] 1/18, Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ [Brfg] 71/18). So soll eine Projektjuristin, die von ihrem Arbeitgeber für Dokumentenprüfungen an dessen Kunden als Leiharbeiterin vermittelt wurde, keine Zulassung als Syndikusanwältin erlangen können (BGH, Urt. v. 9.3.2020 – AnwZ [Brfg] 1/18). Dies gilt auch für einen Schadensmanager bei einer Versicherungsgemeinschaft, der Versicherungsverträge für die in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherer vermittelt und betreut (BGH, Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ [Brfg] 71/18) sowie für den Angestellten eines Schadensregulierungsbüros, dem die Abwicklung von Unfallschäden unter Beteiligung ausländischer Kfz für die in Deutschland zugelassenen Kfz-Haftpflichtversicherer übertragen wurde (BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18). Weitergehend hat der Anwaltssenat nunmehr entschieden, dass ein Tätigwerden in Angelegenheiten eines Arbeitgeberkunden einer Zulassung als Syndikusanwalt sogar grds. entgegensteht, unabhängig von ihrem Umfang und davon, ob sie das Beschäftigungsverhältnis prägt (BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 23/19 m. krit. Anm. Freundorfer NJW 2020, 2970; Römermann EWiR 2020, 527; Baumert LMK 2020, 432889 [jeweils v.a. berechtigte verfassungsrechtliche Bedenken]; noch offengelassen in BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 81/18, ZAP EN-Nr.374/2020). Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 46 Abs. 5 BRAO, der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck der Gesetzesregelung, die Unabhängigkeit der Syndikusanwälte sicherzustellen. Die Syndikustätigkeit müsse mit anderen Worten ausschließlich arbeitgeberbezogen erfolgen. Die Ausnahmetatbestände in § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO will der Anwaltssenat eng auslegen und sieht sie als nicht analogiefähig im Hinblick auf eine darin ungenannte Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten Dritter an (BGH, Urt. v. 5.10.2020 – AnwZ [Brfg] 43/18, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 81/18, ZAP EN-Nr.374/2020; Urt. v. 9.3.2020 – AnwZ [Brfg] 1/18, Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ [Brfg] 71/18). So soll von ihnen etwa auch eine Tätigkeit für mit dem Arbeitgeber in einer Bürogemeinschaft zusammengeschlossene Dritte nicht erfasst werden (BGH, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ [Brfg] 81/18). Diese Rechtsprechung des BGH ist abzulehnen (vgl. auch Deckenbrock/Henssler in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 2 Rn 20a; Huff BRAK-Mitt. 2020, 123; Grunewald NJW 2020, 3693 Rn 20). Vielmehr spricht viel dafür, dass das Gesetz (nur) die vom RDG vorgegebenen Grenzen nachzeichnen und die Befugnisse des Syndikusanwalts bei der Erbringung von Rechtsdienstleistungen an denen seines Arbeitgebers orientieren wollte (vgl. insoweit Offermann-Burckart NJW 2018, 3109, 3110). Eine der seltsamen Konsequenzen dieser Rechtsprechung ist, dass der Arbeitgeber in den nicht von § 46 Abs. 5 S. 2 BRAO erfassten Sachverhalten seine eigene Rechtsdienstleistung nur durch nicht als Syndikusanwälte zugelassene Mitarbeiter erfüllen lassen kann (BGH NJW 2020, 2966 Rn 32; vgl. auch Remmertz BRAK-Mitt. 2020, 264, 270). Die Bundesregierung hat aber in dem angesprochenen Evaluierungsbericht nun bekräftigt, am Status Quo festhalten zu wollen (anders dagegen die Forderung von Freundorfer NJW 2020, 2970). Nur bei den in § 46 Abs. 5 BRAO genannten Arbeitgebern sei hinreichend sichergestellt, dass der Rechtsrat nicht durch andere wirtschaftliche Erwägungen beeinflusst werde (Verbot der Fremdkapitalbeteiligung). Zu beachten ist aber, dass gegen die Entscheidung vom 3.2.2020 (AnwZ [Brfg] 71/18) unter dem Az. 1 BvR 695/20 mittlerweile eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig ist.

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