(EGMR, Entsch. v. 5.12.2017 – Beschwerde-Nr. 57792/15) • Einem Bürger das Tragen einer religiösen Kopfbedeckung vor Gericht zu verbieten, kann gegen Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoßen. Die in Art. 9 EMRK vorgesehenen Einschränkungen der Religionsfreiheit zielen in erster Linie auf Staatsdiener und das für sie geltende Neutralitätsgebot im Dienst und sind nicht ohne Weiteres auf Bürger übertragbar. Hinweis: In dem entschiedenen Fall weigerte sich ein gläubiger Muslim, als Zeuge in einem Strafprozess in Bosnien seine Kopfbedeckung vor Gericht abzunehmen. Ansonsten verhielt sich der Beschwerdeführer dem Gericht gegenüber respektvoll. Dennoch wurde er des Saals verwiesen und gegen ihn eine Geldstrafe wegen Missachtung des Gerichts verhängt. Ein ähnlicher Fall lag kürzlich dem BVerfG vor (Beschl. v. 8.11.2017 – 2 BvR 1366/17): Dort hatte sich ein Muslim als Angeklagter geweigert, zur Urteilsverkündung vor dem Amtsrichter aufzustehen. Seine Verfassungsbeschwerde wurde verworfen, weil er nicht hinreichend dargetan habe, dass die Festsetzung des Ordnungsgeldes in nicht gerechtfertigter Weise in sein Grundrecht auf Glaubensfreiheit eingegriffen habe (BVerfG, Beschl. v. 8.11.2017 – 2 BvR 1366/17).

ZAP EN-Nr. 16/2018

ZAP F. 1, S. 13–13

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