In mittelbarer Täterschaft begangene falscher Verdächtigung

Der Angeklagte Ka sei zu Recht wegen in mittelbarer Täterschaft begangener falscher Verdächtigung gem. §§ 164 Abs. 2, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB verurteilt worden. Dem Angeklagten Ka seien die unmittelbaren Tathandlungen des Kr nach den Grundsätzen über die mittelbare Täterschaft zuzurechnen. Entscheidend komme es darauf an, ob der Hintermann die Tatherrschaft i.S.d. Herrschaft über das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung, u.U. auch nur den Willen zur Tatherrschaft, sowie ein eigenes Tatinteresse hatte. Die Tatherrschaft des Hintermanns könne auch im Fall eines objektiv tatbestandslos handelnden Tatmittlers wie hier gegeben sein, denn der Angeklagte Kr sei nicht als Täter nach § 164 Abs. 2 StGB verantwortlich, weil er nicht einen anderen, sondern sich selbst bei der Behörde angezeigt hat. Der Angeklagte Ka sei im vorliegenden Fall mittelbarer Täter, weil er im Wege einer wertenden Zuschreibung Tatherrschaft und Wille zur Tatherrschaft hatte und die Tat allein in seinem Interesse begangen wurde. Er habe auf die Tatbegehung dadurch Einfluss genommen, dass er dem Angeklagten Kr die an ihn gelangten Schreiben der Bußgeldbehörde mit den Daten zur Ordnungswidrigkeit übergab, nachdem er den Tatplan mit ihm vereinbart hatte. Obwohl Kr die Schriftstücke alleine ausfüllte und an die Bußgeldbehörde übersandte, habe der Angeklagte Ka die Herrschaft über den Geschehensablauf gleichwohl weiter auch selbst in der Hand gehalten, weil er sich zu jedem Zeitpunkt an die Bußgeldbehörde wenden und den wahren Sachverhalt offenbaren konnte. Da die Tat allein seinem Interesse gedient habe, den Rechtsfolgen der von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit zu entgehen, habe er auch das Handeln des Angeklagten Kr beherrscht.

Bei wertender Betrachtung weise der vorliegende Fall Ähnlichkeit zur mittelbaren Täterschaft bei Sonderdelikten wie etwa der Untreue in § 266 Abs. 1 StGB beim Einsatz eines qualifikationslosen dolosen Werkzeugs durch den Hintermann auf.

 

Hinweis:

Die Grundsätze der Veranlassung zur objektiv tatbestandslosen Selbstschädigung des Geschädigten durch einen Hintermann, die regelmäßig dann straflos sind, wenn der Hintermann nicht noch aus einem darüberhinausgehenden Grund die Tatherrschaft über die vom Geschädigten vorgenommene Tathandlung ausübt, griffen hier nicht ein.

Zwar diene der Tatbestand der falschen Verdächtigung in § 164 Abs. 2 StGB auch dem Schutz des durch eine falsche Tatsachenbehauptung in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigten Angezeigten. Nach h.A. schütze die Vorschrift aber zugleich die inländische staatliche Rechtspflege vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme. Dabei reiche die Verletzung eines Schutzobjekts zur Verwirklichung des Tatbestands aus, so dass die Einwilligung des Verdächtigten in die falsche Verdächtigung die Rechtswidrigkeit der Tat nicht entfallen lasse. Der Angeklagte Kr sei damit nicht alleiniger Rechtsgutsträger, so dass die o.a. zusätzlichen Voraussetzungen für eine Verantwortlichkeit des Angeklagten Ka als mittelbarer Täter nicht gegeben sein müssen. Es sei auch ohne Bedeutung, dass Fälle der vorliegenden Art regelmäßig der Vorschrift des § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB unterfallen, die im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt sei, weil der Tatmittler keine rechtswidrige Tat i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, sondern eine Ordnungswidrigkeit vorgetäuscht hat.

Ein unter dem Gesichtspunkt der Selbstbelastungsfreiheit zulässiges Verteidigungsverhalten des Angeklagten Ka liege nicht vor, weil mit dem Angeklagten Kr eine Person verdächtigt wurde, für deren Täterschaft bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden und die der Bußgeldbehörde erstmals vom Angeklagten präsentiert wurde (BGHSt 60, 198 = NJW 2015, 1705 = StRR 2015, 187 [Deutscher]).

Beihilfe zur falschen Verdächtigung

Der Angeklagte Kr habe sich wegen Beihilfe zur falschen Verdächtigung gem. §§ 164 Abs. 2, 27 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Das Argument des freisprechenden LG, dass er nicht als Gehilfe verantwortlich sei, weil er kein "anderer" i.S.v. § 164 Abs. 2 StGB sei, treffe nicht zu. Dies habe nur zur Folge, dass er nicht als Täter zur Verantwortung gezogen werden kann.

Allerdings bestehe in den Fällen der sog. notwendigen Teilnahme im Grundsatz Einigkeit darüber, dass die Tatbeteiligung des durch einen Straftatbestand Geschützten nicht unter § 27 Abs. 1 StGB fällt. Hier sei jedoch auch die inländische staatliche Rechtspflege geschützt. Die Beiträge des Angeklagten Kr zur Beeinträchtigung der Rechtspflege trügen deshalb seine Strafbarkeit als Gehilfe.

Im Übrigen sei hier kein Fall der notwendigen Teilnahme gegeben, weil der Straftatbestand des § 164 Abs. 2 StGB nicht notwendig die Beteiligung mehrerer voraussetzt.

Darüber hinaus sei in Fällen der mittelbaren Täterschaft die Ahndung der Tatbeteiligung des Tatmittlers als Beihilfe zur Tat des Hintermanns im Grundsatz anerkannt. Das gelte etwa für Sonderdelikte, wenn dem Tatmittler die besondere Tätereigenschaft fehlte, über die der Hint...

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