I. Vorbemerkung und Gesetzesüberblick

Am 1.7.1998 ist das Transportrechtsreformgesetz (TRG v. 25.6.1998, BGBl I, S. 1588) in Kraft getreten und hat das vormals zersplitterte und unübersichtlich geregelte deutsche Transportrecht reformiert. Eckpfeiler war dabei die unbeschränkte Kabotage-Freiheit, d.h. jeder in der EU ansässige Transportunternehmer kann seitdem reine nationale Transporte durchführen. Dadurch kommt es aber auch zu einer Verschärfung des Wettbewerbs: Ausländische Beförderungsunternehmen streben auf den deutschen Markt. Die Anzahl von Transporten steigt stetig, so dass Vertragsschlüsse und Schadensereignisse stets an der Tagesordnung sind und Juristen sich täglich mit dieser Thematik auseinandersetzen müssen. Für diesen Kabotage-Verkehr gilt das HGB. Weiteren Einfluss hatten die am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetze über die Modernisierung des Schuldrechts im Hinblick auf die Verjährung von Ansprüchen ausgewirkt haben. Durch die Neufassung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) ist seit dem 1.1.2003 der Versicherungsautomatismus weggefallen.

Mit dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes gilt seit dem 1.7.1998 für alle Verkehrsträger, gleichgültig ob auf dem Lande, auf der Schiene, auf dem Binnengewässer und in der Luft das einheitliche nationale Transportrecht, welches im vierten Buch des Handelsgesetzbuches (HGB) ab dem vierten Abschnitt eingegliedert ist. Das Seefrachtrecht ist im fünften Buch des HGB verankert. Weitere Bestimmungen finden sich im Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) sowie in den jeweiligen Verbands-Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zu den wichtigsten Allgemeinen Geschäftsbedingungen zählen:

  • Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen (ADSp),
  • Vertragsbedingungen für Güterkraftverkehrs- und Logistikunternehmer (VBGL),
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Umzugstransport,
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (AGB/BSK),
  • Allgemeine Leistungsbedingungen der Deutschen Bahn AG (ALB DB Cargo),
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen der Deutschen Post (Post AGB).

Da nicht selten versicherungsrechtliche Probleme bei der Schadensbearbeitung auftreten, sind ebenfalls die Vorschriften über das Versicherungsvertragsrecht (VVG) zu beachten sowie die einzelnen Bedingungswerke der Verkehrshaftungs- bzw. Transportpolicen.

 

Hinweis:

Im internationalen Transportrecht gelten für jeden einzelnen Beförderungsvertrag eigene internationale Übereinkommen, z.B. bei Beförderungen im Internationalen Straßengüterverkehr das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR – Convention relative an Contrat de transport international de marchandises par route).

II. Vertragsarten

Die wichtigste Frage, um die entsprechende Rechtsnorm ausfindig zu machen, ist die Frage, im Rahmen welcher Tätigkeit der Schaden entstanden ist und unter welche Vertragsart diese Tätigkeit zu subsumieren ist. Das vierte Buch des HGB unterscheidet dabei die drei folgenden Vertragstypen: Frachtvertrag, Speditionsvertrag und Lagervertrag. Darüber hinaus kommen aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und des Drucks auf den Transportunternehmer stets mehr Aufgaben zu, die sich weder mit der Beförderung noch mit der Lagerung von Gütern befassen (z.B. der Einbau von Radios in Kfz etc.). Auf diese Tätigkeiten finden i.d.R. die allgemeinen Vorschriften über den Dienst- und Werkvertrag oder die Geschäftsbesorgung Anwendung.

1. Frachtvertrag

Der Oberbegriff für alle im ersten bis dritten Unterabschnitt normierten Geschäfte im vierten Abschnitt ist das "Frachtgeschäft". Allen Geschäften liegt ein Frachtvertrag zugrunde, also die Beförderung auf vertraglicher Basis. Der Frachtvertrag muss sich darüber hinaus auf eine Beförderung zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen beziehen und die Beförderung muss zum Betrieb des gewerblichen Unternehmens des Transportunternehmers (Frachtführers) gehören (Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 407 Rn 4; Heuer TranspR 1998, 45 f.).

a) Obhutshaftung/Gefährdungshaftung

Gemäß den §§ 425427 HGB haftet der Frachtführer für Güter- und Verspätungsschäden verschuldensunabhängig. Wie dem Wortlaut des § 425 Abs. 1 HGB zu entnehmen ist, haftet der Frachtführer nur für den Schaden, der durch Verlust, Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder Überschreitung der Lieferfrist entsteht, also in dem Zeitraum, in dem sich das Gut in seiner Obhut befand. Da der Frachtführer verschuldensunabhängig bis zur Grenze des unabwendbaren Ereignisses haftet, spricht man ebenfalls von einer Gefährdungshaftung.

 

Hinweis:

Hintergrund dieser Regelung ist, dass Absender und Empfänger – aufgrund ihrer fehlenden Einflussnahme während der Beförderung – Interesse an einer leicht realisierbaren Haftung haben.

Der Frachtführer unterliegt somit einem sehr strengen Haftungsregime, da die Widerrechtlichkeit oder das Verschulden seiner Handlung nicht Voraussetzung für seine Haftung sind. Um dieses strenge Haftungsregime auf der anderen Seite wiederum zu begrenzen, hat der Gesetzgeber, was dem Zivilrecht...

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