Keine Sorgen müssen sich auch die Syndikusanwälte machen, die über einen Befreiungsbescheid für ihren Arbeitgeber verfügen und weiterhin im Wesentlichen in der Art und Weise für ihren Arbeitgeber tätig sind, als sie ihre Befreiung beantragt haben. Für sie gilt der auch vom BSG in den Urteilen vom 3.4.2014 angesprochene Vertrauensschutz, so dass die Behörde auch darauf verzichtet, Bescheide im Zwei-Jahres-Zeitraum des § 45 SGB X zurückzunehmen, was auch eine Unmöglichkeit wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bis ca. 2005/2006 auf dem Befreiungsbescheid, der ja ein persönlicher Bescheid und daher immer an den Anwalt adressiert ist, der Arbeitgeber nicht aufgeführt wurde. Hier ergibt sich die Tatsache der Befreiung für den Arbeitgeber aus dem Zusammenspiel zwischen dem Antrag auf Befreiung und dem dort genannten Arbeitgeber oder aus der Übereinstimmung von Tätigkeitsbeginn mit dem im Bescheid genannten Datum. Hierauf müssen auch Arbeitgeber gelegentlich hingewiesen werden, die meinen, dass sie ja nicht im Bescheid genannt sind und daher keine Befreiung des Syndikusanwalts für den Arbeitgeber erfolgt sei. Diese Ansicht ist unzutreffend.

Zudem sind von der einmal erteilten Befreiung auch alle Formen der Betriebsübergänge (§ 613a BGB u.ä.) umfasst. In der Mitteilung vom 12.12.2014 erwähnt die DRV zwar nur den Betriebsübergang nach § 613a BGB. Aber in der früheren Veröffentlichung vom 10.1.2014, die weiterhin im Netz steht, war der Anwendungsbereich weiter gefasst worden. M.E. fallen darunter auch Verschmelzungen, Fusionen, Umfirmierungen und viele weitere gesellschaftsrechtliche Fallkonstellationen. Ansatzpunkt ist dabei, dass in allen diesen Fällen die Ursache für die Veränderung in der Sphäre des Arbeitgebers und nicht die Arbeitnehmers liegt.

Nicht geklärt ist die Frage, was passiert, wenn etwa die Rechtsabteilung von einer Holddinggesellschaft auf eine andere Gesellschaft "verlegt" wurde. Hier müssen unter Vertrauensschutzgesichtspunkten die o.g. Grundsätze gelten. Es ist aber zu erwarten, dass es hierüber in der Zukunft heftige Auseinandersetzungen, gerade bei Betriebsprüfungen, geben wird.

Umstritten wird in Zukunft auch sein, wie weit der Befreiungsbescheid bei Tätigkeitswechseln gilt. Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Befreiungsbescheid nach § 48 SGB X seine Wirkung für die Zukunft dann verlieren kann, wenn es sich um einen wesentlichen Tätigkeitswechsel handelt. Einfache Wechsel – etwa des Rechtsgebiets – reichen nicht aus. Keine Rolle spielt hier auch, wenn die Abteilung, in der der Syndikusanwalt tätig wird, anders organisatorisch aufgehängt wird. Es kommt immer auf die konkrete Tätigkeit des Syndikus an. Offen ist auch, wie die Übergabe weiterer Aufgaben (Compliance-Tätigkeiten, Datenschutz- oder Geldwäschebeauftragter) zu sehen ist. Hier kommt es m.E. auf den Charakter der Tätigkeiten an, die Tätigkeiten im Bereich Compliance oder Datenschutz sind m.E. anwaltliche Tätigkeiten.

Bei Beförderungen in der Linie gilt – so die die DRV selber – der Bescheid weiter, m.E. auch bei mehrfachen Beförderungen. Dabei ist davon natürlich auch die Übernahme weiterer Verantwortung (Personalführung, Managementaufgaben) umfasst. Diese führen nicht zu einem Wegfall der Befreiung.

 

Hinweis:

Hat der Rechtsanwalt im Unternehmen aber Tätigkeiten übernommen, die nicht mehr anwaltlicher Natur sind, dann kann die Befreiung tatsächlich in Frage stehen.

Hier wird es einen Streitpunkt geben, denn Bescheide vor dem 1.1.1996 waren personenbezogen (das BSG hat offen gelassen, ob seine Rechtsprechung auch für diese Fälle gilt) und knüpften nur an die Tatsache der Zulassung und der Pflichtmitgliedschaft an. Hier ist völlig offen, wie dies zu werten ist. Stimmen in der Literatur (Becker, ZfA 2014, 87 ff.; Rolfs, NZA 2014, 574) gehen zu Recht davon aus, dass hier Vertrauensschutz besteht.

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