(OLG Hamm, Beschl. v. 16.2.2016 – 3 RBs 385/15) • § 275 Abs. 1 S. 2 Hs. 1. StPO bestimmt, dass das vollständige Urteil spätestens fünf Wochen nach der Verkündung zu den Akten zu bringen ist. Nach § 275 Abs. 1 S. 4 StPO ist eine Überschreitung der Frist zulässig, wenn und solange das Gericht durch einen im Einzelfall nicht voraussehbaren unabwendbaren Umstand an ihrer Einhaltung gehindert ist. Das individuelle Beschäftigungsverbot und die Mutterschutzfristen stehen in ihren Auswirkungen der Dienstunfähigkeit infolge Erkrankung eines Richters, für die die Anwendung des § 275 Abs. 1 S. 4 StPO anerkannt ist, gleich. Eine Dienstpflicht der Richterin, während der bewilligten Elternzeit das schriftliche Urteil zu fertigen, besteht nicht. Eine Höchstfrist für die nach § 275 Abs. 1 S. 4 StPO gerechtfertigte Fristüberschreitung lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Eine an dem Gesetzeszweck der §§ 275 Abs. 1, 338 Nr. 7 StPO orientierte Auslegung zwingt ebenfalls nicht zu der Annahme, nach Ablauf einer mit etwa einem Jahr zu bemessenden Fristüberschreitung sei das Urteil auf die Verfahrensrüge hin zwingend aufzuheben.

ZAP EN-Nr. 421/2016

ZAP 11/2016, S. 568 – 568

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