(EGMR, Urt. v. 5.4.2016 – Beschwerde-Nr. 33060/10) • Der in Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerte Mündlichkeitsgrundsatz ist auch in Disziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwalt anzuwenden. Es stellt daher einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK dar, wenn gegen einen Rechtsanwalt ohne vorherige mündliche Verhandlung ein einstweiliges Vertretungsverbot verhängt wird. Hinweis: Der Fall betraf einen österreichischen Strafverteidiger, gegen den sowohl ein strafrechtliches Verfahren wegen versuchter Begünstigung und Fälschung von Beweisen als auch ein Disziplinarverfahren u.a. wegen vermuteter Doppelvertretung eingeleitet worden waren. Noch vor Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens verhängte der Disziplinarrat der Österreichischen Rechtsanwaltskammer ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ein einstweiliges Vertretungsverbot vor den Linzer Gerichten. Der EGMR stellte nun klar, dass die Menschenrechtskonvention auch berufsrechtliche Disziplinarmaßnahmen ohne Anhörung des Betroffenen verbietet.

ZAP EN-Nr. 423/2016

ZAP 11/2016, S. 569 – 569

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