Für das Schlichtungsverfahren kann keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, da es sich nicht um ein gerichtliches Verfahren handelt.

Möglich ist allerdings die Bewilligung von Beratungshilfe (Zöller/Gummer, ZPO, § 15a EGZPO Rn. 26 a.E.). Der Anwalt erhält dann für die Vertretung im obligatorischen Streitschlichtungsverfahren eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG i.H.v. 85 EUR, die sich bei mehreren Auftraggebern um jeweils 30 % erhöht (Nr. 1008 VV RVG).

 

Beispiel 15:

Der Anwalt wird vom Rechtsuchenden beauftragt, ihn in einem obligatorischen Streitschlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO.

Der Anwalt erhält eine Geschäftsgebühr nach 2503 VV RVG i.H.v. 85 EUR nebst Auslagen und Umsatzsteuer.

 
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV RVG   85,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   17,00 EUR
  Zwischensumme 102,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   19,38 EUR
  Gesamt   121,38 EUR

Nach AG Nürnberg JurBüro 2002, 147 soll Beratungshilfe in Form einer Geschäftsgebühr nur bewilligt werden, wenn auch die Gegenseite ohne Anwalt auftritt (Grundsatz der Waffengleichheit). In diesem Fall soll allenfalls eine Beratungsgebühr zugebilligt werden.

 

Praxishinweis:

Hatte der Anwalt den Mandanten auch schon außergerichtlich im Rahmen der Beratungshilfe vertreten und dort bereits eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG verdient, so entsteht auch für ihn für die Vertretung im Schlichtungsverfahren eine weitere Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG, da Nr. 17 Nr. 7 Buchst. a RVG auch für ihn gilt (AnwK-RVG/Fölsch, Nr. 2303 VV RVG Rn. 1).

Im Gegensatz zur Vergütung des Wahlanwalts entsteht die zweite Geschäftsgebühr allerdings anrechnungsfrei, da Anm. zu Nr. 2503 VV RVG eine Anrechnung nur in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren vorsieht, das Schlichtungsverfahren aber weder ein behördliches noch ein gerichtliches Verfahren darstellt. Zwar werden die Schlichtungsstellen von der Landesjustizverwaltung eingerichtet; das macht sie aber nicht zu staatlichen Behörden. Erst Recht findet kein "behördliches Verfahren" statt, da keine Entscheidung ergehen kann, sondern nur geschlichtet wird (N. Schneider AGS 2006, 525). Daher entstehen beide Geschäftsgebühren anrechnungsfrei.

 

Beispiel 16:

Der Anwalt wird vom Rechtsuchenden beauftragt, ihn außergerichtlich zu vertreten. Anschließend kommt es zu einem obligatorischen Streitschlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO, in dem der Anwalt den Rechtsuchenden ebenfalls vertritt.

Es liegen wiederum zwei Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG vor, da das Streitschlichtungsverfahren gegenüber der vorangegangenen außergerichtlichen Vertretung eine eigene Angelegenheit darstellt. Es entstehen also zwei Geschäftsgebühren. Eine Anrechnung findet nicht statt. Bei einem Schlichtungsverfahren handelt es sich weder um ein gerichtliches noch um ein behördliches Verfahren.

 
I. Außergerichtliche Vertretung    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV RVG   85,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   17,00 EUR
  Zwischensumme 102,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   19,38 EUR
  Gesamt   121,38 EUR
       
II. Vertretung im Streitschlichtungsverfahren    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV RVG   85,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   17,00 EUR
  Zwischensumme 102,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   19,38 EUR
  Gesamt   121,38 EUR

Kommt es nach dem Schlichtungsverfahren zu einem gerichtlichen Verfahren, ist die Geschäftsgebühr der Nr. 2503 VV RVG auf die Verfahrensgebühr des Rechtsstreits hälftig anzurechnen (Anm. Abs. 2 S. 1 zu Nr. 2503 VV RVG). Obwohl hier eine ausdrückliche Regelung fehlt, dürfte analog Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV RVG auch hier nur die zweite Geschäftsgebühr anzurechnen sein.

 

Beispiel 17:

Der Anwalt wird der Beratungshilfe zunächst mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt. Anschließend kommt es zum Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO und hiernach zum Rechtsstreit (Streitwert: 1.500 EUR).

Die Geschäftsgebühr der außergerichtlichen Vertretung ist nicht anzurechnen (s. Beispiel 16). Die Geschäftsgebühr des Schlichtungsverfahrens ist gem. Anm. Abs. 2 S. 1 zu Nr. 2503 VV RVG zur Hälfte auf die Gebühren des Rechtsstreits anzurechnen.

 
I. Außergerichtliche Vertretung    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV RVG   85,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   17,00 EUR
  Zwischensumme 102,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   19,38 EUR
  Gesamt   121,38 EUR
       
II. Vertretung im Schlichtungsverfahren    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2503 VV RVG   85,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   17,00 EUR
  Zwischensumme 102,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG   19,38 EUR
  Gesamt   121,38 EUR
       
III. Vertretung im Rechtsstreit    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 1.500 EUR)   149,50 EUR
2. gem. Anm. Abs. 2 S. 1 zu Nr. 2503 VV RVG anzurechnen   – 42,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 1.500 EUR)   138,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG   20,00 EUR
  Zwischensumme 265,00 EUR  
5. 19 % Umsat...

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