Das Europäische Parlament hat Anfang Mai seine Zustimmung zu einer EU-Richtlinie erteilt, nach der verdächtige oder beschuldigte Bürger ein Recht auf Prozesskostenhilfe (PKH) im Strafverfahren erhalten sollen. Der Ausschuss für Bürgerliche Angelegenheiten, Justiz und Inneres ging hierbei in seinem Votum deutlich über die Forderungen der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten hinaus. Die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten der EU hatten lediglich ein Recht auf "vorläufige" PKH bei Freiheitsentzug und im Falle eines Europäischen Haftbefehls vorsehen wollen.

Nach der Abstimmung im Parlament sollen Beschuldigte und Verdächtige nun in Anknüpfung an die Richtlinie über den Zugang zum Rechtsanwalt während des gesamten Strafverfahrens unter bestimmten Bedingungen einen PKH-Anspruch haben.

Der Deutsche Anwaltverein hat diese Entwicklung bereits begrüßt: "Auch angesichts der bevorstehenden Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft ist es von herausragender Bedeutung, die Finanzierung der Verteidigung für Beschuldigte europaweit zu sichern", so DAV-Präsident Prof. Dr. Wolfgang Ewer. "Wenn die EU ein faires, rechtsstaatliches Strafverfahren gewährleisten will, darf es nicht darauf ankommen, in welchem Mitgliedstaat jemand einer Straftat beschuldigt wird."

Kritisch sieht der DAV jedoch das vorgesehene Zulassungsverfahren für PKH-Anwälte. Dieses stelle eine deutliche Einschränkung der anwaltlichen Berufsausübungsfreiheit dar und sei deshalb abzulehnen. Zum einen drohten hochmotivierte Berufsanfänger so möglicherweise von einer Tätigkeit auf PKH-Basis ausgeschlossen zu werden. Zum anderen hielte die erforderliche Akkreditierung erfahrene Strafverteidiger unter Umständen von einer Tätigkeit auf PKH-Basis ab, die häufig auf "pro bono"-Basis ausgeübt werde.

[Quelle: DAV]

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